Auch weiterhin überschlagen sich die Entwicklungen in Sachen #0zapftis. Beinahe stündlich erreichen uns neue Informationen aus den Ländern. Bisher ist die Informationspraxis der Bundesregierung völlig unzulänglich. So hat der Bundesinnenminister geschlagene zwei Tage gebraucht, sich unserer Forderung nach einem sofortigen Einsatzstopp der fraglichen Software anzuschließen. Täglich erreichten uns neue Informationen, was den Einsatz der Software in den Bundesländern angeht. Schnell war klar, dass zumindest einzelne Länder die Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts eklatant missachtet haben.

Angesichts der Tatsache, dass etliche Bundesländer ähnliche Softwarevarianten einsetzen, kam schnell der Verdacht auf, dass eine Bundesbehörde eine zumindest koordinierende Funktion eingenommen haben könnte. Zunächst dementierte man von Seiten des Bundeskanzleramts noch vehement und suggerierte, dass die Verantwortung allein bei den Ländern läge. Informationen gelangten immer nur tröpfchenweise an die Öffentlichkeit. Erst hieß es, man habe keinerlei Weisungsbefugnis gegenüber den Ländern, dann , nachdem Vertreter mehrerer Länder angaben, dass sie Amtshilfe bei der Beschaffung der Software erhalten haben, gab man zu, dass ein „Austausch auf Expertenebene“ stattgefunden habe. Die Anzeichen verdichteten sich, dass der Bund tatsächlich eine  koordinierende Funktion eingenommen hat. Dies haben wir thematisiert und die Bundesregierung wiederholt aufgefordert, zu den Vorwürfen Stellung zu nehmen.

Am Mittwoch äußerte sich dann der Geheimdienstkoordinator im Bundeskanzleramt, Günter Heiß, der auch die Fachaufsicht über den Bundesnachrichtendienst ausübt. In einem Statement gegenüber einer Zeitung gab er an, dass die Landesbehörden „multifunktionale Rohlinge“ bekämen. Von wem, ließ er offen. Interessant in diesem Zusammenhang auch die Bemerkung, dass die Länder selbst dafür verantwortlich seien, „die Software für jeden einzelnen Zugriff zuschneiden, dass es im Rahmen der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichtes zulässig ist“. Hierdurch wird deutlich, dass man sich auf Bundesebene durchaus bewusst war, was man hier an die Länder verteilte.

Durch die Äußerungen hat sich nun also bestätigt, dass deutsche Bundesbehörden die direkte Verteilung der Trojanersoftware übernommen haben, die klar gegen die Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts verstößt. Das an sich ist schon ein ungeheuerlicher Vorgang. Genauso ungeheuerlich ist jedoch die Informationspraxis von Seiten der Bundesregierung. Wir haben die Bundesregierung heute noch einmal mit Nachdruck aufgefordert, das Werfen von Nebelkerzen einzustellen und Parlament und Öffentlichkeit umfassend zu informieren. Das ist längst überfällig. Es ist höchste Zeit, die ganz erhebliche Verletzung verfassungsrechtlicher Grundsätze durch deutsche Bundesbehörden lückenlos aufzuklären, Zuständigkeiten glasklar zu benennen und die notwendigen Konsequenzen aus den Erkenntnissen zu ziehen. Wir brauchen endlich Klarheit darüber, welche Bundesbehörden  mit welcher Softwarevariante gearbeitet haben und welche Komponenten an wen mit welcher Ansage weitervermittelt wurden.

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