Immer wieder erwecken führende Vertreterinnen und Vertreter der Bundesregierung den Eindruck, man unterstütze die demokratisierende Wirkung von sozialen Netzwerken, Twitter und Co und setze sich für die Freiheit des Internets ein. Die Realität ist leider eine andere.

Obwohl wir die Bundesregierung seit nunmehr mehreren Jahren dazu auffordern, endlich den Export von Überwachungs- und Zensursoftware an autoritäre und totalitäre Länder stärker zu kontrollieren, um so zu verhindern, dass Despoten deutsche und europäische Technik dazu einsetzen, demokratischen und oppositionellen Protest zu unterbinden und diejenigen, die ihn äußern, zu verfolgen, aufzuspüren, zu inhaftieren, zu foltern oder zu töten, ist die schwarz-gelbe Bundesregierung bis heute nicht tätig geworden.

Im Gegenteil: Durch unsere wiederholten parlamentarischen Nachfragen wurde deutlich, dass die Bundesregierung nicht nur beide Augen zudrückt, wenn es um den Export entsprechender Technologien geht, sie hat sich wiederholt mit Hinweis auf unzumutbare bürokratische Hürden für deutsche Unternehmen aktiv gegen ein verbessertes Kontrollregime eingesetzt.

Besonders unrühmlich hervorgetan hat sich innerhalb der schwarz-gelben Bundesregierung immer wieder das von der FDP geführte Ministerium für Wirtschaft und Technologie. Während in anderen Ministerien wie dem Auswärtigen Amt mittlerweile scheinbar ein Umdenken einsetzt, hielt das federführende Bundeswirtschaftsministerium bis zuletzt an dem vermeintlich wirtschaftsfreundlichen, in jedem Fall aber menschenrechtsfeindlichen Kurs fest.

So gab man erst kürzlich auf entsprechende parlamentarische Anfragen von mir an, sich vorerst nicht für eine verbesserte Exportkontrolle einsetzen zu wollen. Angesichts der Tatsache, dass kurz zuvor Bundesaußenminister Westerwelle, ebenfalls FDP, medienwirksam auf einer Konferenz seines Hauses zu dem Thema eine solche in Aussicht gestellt hatte, ein starkes Stück.

Vor dem Hintergrund der bisherigen Blockadehaltung habe ich mit großem Interesse die Ausführungen des Parlamentarischen Staatssekretärs im Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie zur Kenntnis genommen. Staatssekretär Otto hat am 31.01.2013 anlässlich des Neujahrsempfangs des Verbandes der deutschen Internetwirtschaft (eco) in einer Rede zur Internetpolitik das Engagement des BMWi beim Schutz der freien Meinungsäußerung gelobt.

So habe man sich erst kürzlich im Rahmen der Weltkonferenz für internationale Telekommunikationsdienste (WCIT) der Internationalen Fernmeldeunion (ITU) dafür eingesetzt, dass „die Freiheit des Internets nicht durch Kontrolle und Reglementierung“  gefährdet werde. Folgerichtig habe man den im Zuge der Konferenz ausgearbeiteten Vertrag nicht unterzeichnet. Das ist zutreffend. Vor dem Hintergrund, dass der endgültige Text in der Tat zahlreiche fragliche Klauseln enthielt, hatten wir das Vorgehen der schwarz-gelben Bundesregierung gelobt.

Weiter gab Staatssekretär Otto die – vor dem Hintergrund des bisherigen Engagements des Bundeswirtschaftsministeriums in Sachen Exportkontrolle schon erstaunliche – Maxime aus, dass die Freiheit des Internets auch in Zukunft verteidigt werden müsse. Wörtlich lässt sich der Staatssekretär in einer vom Ministerium anlässlich des ECO-Empfangs veröffentlichen Pressemitteilung sogar mit folgendem Satz zitieren:

„Die Bundesregierung wird dabei Versuchen, einer Einschränkung der Freiheit im Internet, staatlicher Blockade und Zensur weiterhin entschlossen entgegentreten.“

Diese Aussage des Staatssekretärs ist mit dem bisherigen Vorgehen seines Hauses, um es vorsichtig auszudrücken, nur sehr schwer unter einen Hut zu bringen.

Dennoch wollen wir Staatssekretär Otto beim Wort nehmen. Anstatt mit dem Hinweis auf das Zitat eine weitere schriftliche Frage an die Bundesregierung zu richten und erneut nur einen vagen Hinweis auf Gespräche, die die Bundesregierung hierzu gerade auf internationaler Ebene führe, zu bekommen, haben wir uns entschlossen, der Bundesregierung in Kürze Gelegenheit zu geben, den heeren Worten auch endlich Taten folgen zu lassen.

Bundesregierung und das federführende Ministerium für Wirtschaft und Technologie können dann zeigen, wie ernst es ihnen tatsächlich ist, wenn wir unseren Antrag für eine verbesserte Kontrolle entsprechender Ausfuhren in Kürze in den Bundestag einbringen.

Die Bundesregierung muss ihr doppeltes Spiel bei der Ausfuhr von Überwachungs- und Zensurtechnik beenden. Sie muss ihrer Verantwortung gerecht werden und ihren Beitrag leisten, die entsprechenden Kontrollregime auf nationaler, europäischer und internationaler Ebene endlich zu effektivieren.

Hier findet Ihr eine Übersicht unserer zahlreichen Initiativen zu dem Thema.

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