Das Lieblingsmärchen von Bundesinnenminister Thomas DeMaiziere ist der kleine Häwelmann von Theodor Storm. Wirtschaftsminister Gabriel mag am liebsten Peterchens Mondfahrt. Und das Lieblingsmärchen vom Minister für Digitale Infrastruktur, Alexander Dobrindt, ist der flächendeckende Ausbau mit schnellem Internet von mindestens 50 Mbit/s bis 2018. So könnte man leicht verkürzt die Digitale Agenda der Bundesregierung in Sachen Breitbandausbau zusammenfassen.

Viel ausführlicher kann man auch gar nicht werden, denn wirklich Neues steht nicht in dieser Agenda und wurde auch nicht auf dem dazugehörigen Auftritt der drei Minister in der Bundespressekonferenz gesagt.

Minister Dobrindt hat in der Digitalen Agenda und der Pressekonferenz das Ziel 50 Mbit/s bis 2018 wiederholt. Wie schon so oft zuvor. Warum ich glaube, dass diese Ankündigung ein Märchen ist? Weil es ein Jahr nach der Wahl noch immer kein Konzept gibt, dass dieses Ziel unterfüttern würde. Denn der Kern des Problems ist ja, dass der Ausbau des schnellen Internets Geld kostet. Viel Geld. Wie viel Geld genau ist abhängig davon,  mit welcher Technik man die gewünschten 50 Mbit/s für die Haushalte und Unternehmen erreichen will. Ob per Kabel oder per Funkanbindung. Aber weder das eine noch das andere ist mit den Einnahmen aus der Digitalen Dividende II zu zahlen. Die Deutsche Telekom hat jüngst mitgeteilt, dass sie für einen flächendeckenden Ausbau 25 Milliarden Euro bräuchte. Denn sie kann nur 65 Prozent der Haushalt mit 50 Mbit/s auf einer für sie finanziell lohnenswerten Basis anbinden. Für die Anbindung von 35 Prozent der Haushalte besteht eine Wirtschaftlichkeitslücke.

Da reichen auch die vergleichsweise wenigen Milliarden aus den Versteigerungserlösen nicht aus. Abgesehen davon, dass erstens keiner sagen kann, wie viel dadurch eingenommen wird, zweitens die Bundesländer einen Anteil der Einnahmen haben wollen und drittens nicht gesichert ist, wann die Versteigerung stattfindet. Denn die Frequenzen nutzt bislang der Rundfunk für die Ausstrahlung von Rundfunk via DVB-T1. Also müssen der Rundfunk und die Zuschauer und Zuhörer erst umswitchen.

Die Bundesregierung, insbesondere Herr Dobrindt sollte sich also schleunigst überlegen, woher das fehlende Geld kommen soll und wie es so eingesetzt würde, dass es den Wettbewerb auf dem Telekommunikationsmarkt nicht kaputt macht.

Der andere Weg zu schnelleren Investition im Breitbandmarkt wäre ein massiver Regulierungseingriff. Aber dieser würde entweder den Wettbewerbern der Telekom wehtun (wenn man ihnen zum Beispiel beim Vectoring weiterhin den Anschluss an die Technik der Telekom untersagen würde. Minister Gabriel hat dazu eine vage Andeutung gemacht). Dazu müssten außerdem eine Reihe von europäischen Gesetzen geändert werden.

Wenn die Bundesregierung aber nur ein bisschen „re-reguliert“ – wie sie das auf der PK genannt hat – dann ist fraglich, ob damit tatsächlich ein nennenswerter Investitionsschub in den Breitbandausbau ausgelöst wird. Und ob das am Ende dem Monopolist oder dem Wettbewerb nutzt.

Es ist nicht einfach, präzise Kritik an einem so unpräzisen Papier zu üben. Minister Dobrindt hat ein Kursbuch Breitbandausbau für die nächsten Monate angekündigt. Dann werden wir sehen, ob es konkrete Vorschläge gibt und wie sinnvoll diese sind. Dabei sind schnelle Internetanschlüsse die Basis von all den anderen Märchen, die sich der vor allem der Wirtschaftsminister so erträumt. Zum Beispiel für – Achtung: Buzzword – Industrie 4.0. Aber auch für die Kreativindustrie und auch für die ganzen Nutzer in Deutschland. Aber mit dem, was die Digitale Agenda hergibt, bleiben all dies nur Episoden in Dobrindts Märchen vom Breitbandausbau.

Dieser Beitrag erschien zuerst auf carta.info

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