Heute, am 11. September 2014, dreizehn Jahre nach den Terroranschlägen auf das World Trade Center, setzt der Parlamentarische Untersuchungsausschuss zur Überwachungs- und Geheimdienstaffäre seine Aufklärungsarbeit fort. Hier die Tagesordnung der heutigen Sitzung.

Zunächst wird Generalbundesanwalt Range die Obleute des Ausschusses über die neuesten Erkenntnisse bezüglich des enttarnten US-Spions beim Bundesnachrichtendienst (BND) informieren. Hier gehen die Meinungen zur Frage, wie sensibel die an andere Geheimdienste übergebenen Daten tatsächlich sind, zwischen Großer Koalition und Opposition weit auseinander: Nachdem Vertreterinnen und Vertreter der Bundesregierung, darunter unter anderem Wolfgang Schäuble, zunächst die Bedeutung des enttarnten Spions und seine Rolle im Dienst herunterspielten, wurde in den vergangenen Monaten deutlich, welche Brisanz gegeben ist. Während die Vertreterinnen und Vertreter von Union und SPD weiterhin vor allem auf die geringe Zahl der Akten (nach heutigem Stand etwas mehr als 200) verweisen, machen wir auf die Brisanz der an einen ausländischen Nachrichtendienst übermittelten Informationen aufmerksam. So wurden nach heutigem Kenntnisstand zahlreiche Akten übermittelt, die es erlauben, sich ein sehr detailliertes Bild der Arbeit und Motivation des deutschen Auslandsgeheimdiensts zu machen.

Nach der Unterrichtung durch Generalbundesanwalt Range werden die Ausschussmitglieder ein Gespräch mit Staatssekretär Fritsche führen. Hier wird es unter anderem um die Frage gehen, wie weit die Gespräche mit den sogenannten Five-Eyes-Staaten bezüglich einer Dokumentenfreigabe gediehen sind. Die durch die Snowden-Veröffentlichungen bekannt gewordenen Überwachungspraktiken der Five-Eyes-Staaten sind explizit Gegenstand des im Einsetzungsbeschluss festgehaltenen Aufklärungsauftrags des Untersuchungsausschuss. Vor diesem Hintergrund wollen wir uns von Klaus-Peter Fritsche als Beauftragtem der Bundesregierung im Kanzleramt für die Nachrichtendienste von seinen Reisen in die sogenannten Five-Eyes-Staaten berichten lassen. Klaus-Dieter Fritsche hat in den vergangenen Wochen Gespräche bezüglich der Freigabe von Dokumenten für den Untersuchungsausschuss geführt. Die Bundesregierung ist verpflichtet, dem Ausschuss dabei zu unterstützen, an die entsprechenden Akten zu kommen. Als Ausschussmitglieder wollen wir uns nun über den Stand der Bemühungen der Regierung berichten lassen – auch um die Intensität der Bemühungen womöglich hierdurch zu erhöhen.

In einem nächsten Tagesordnungspunkt werden wir die aus unserer Sicht ungerechtfertigten Schwärzungen von zahlreichen der von der Bundesregierung an den Untersuchungsausschuss übermittelten Akten thematisieren, die eine effektive Aufklärungsarbeit durch das Parlament derzeit massiv behindern. Bislang hat uns die Bundesregierung rund 1000 Akten-Ordner übermittelt, darunter zahlreiche mit Einstufungen als „Geheim“ oder gar „Streng Geheim“. Zwar können Einstufungen und Schwärzungen an der einen oder anderen Stelle durchaus eine Berechtigung haben, gleichzeitig dürfen diese in Quantität und Qualität nicht dem Aufklärungsauftrag des Parlaments nicht diametral entgegenlaufen, wie es derzeit der Fall ist. Im Ausschuss besteht zwischen Vertreterinnen und Vertretern allen Fraktionen Einigkeit, dass die Schwärzungen in dieser Form nicht hinzunehmen sind. So dient die heutige Sitzung unter anderem dazu, sich über das weitere Vorgehen in dieser Frage auszutauschen. Insgesamt muss man sagen, dass das Vorgehen der Bundesregierung hier nicht hinzunehmen ist und wir uns derzeit sehr intensiv Gedanken darüber machen, wie hierauf zu reagieren ist.

Insbesondere die Schwärzungen mit der Begründung, dass ansonsten ausländische Partnerdienste betroffen wären, halten wir für vollkommen ungerechtfertigt. Denn das Bundesverfassungsgericht hatte bereits 2009 entschieden, dass das Parlament und seine Untersuchungsgremien aufgrund seiner eigenen Vorkehrungen des Geheimschutzes derlei Informationen – auch unter Verweis auf irgendwelche bilaterale Abkommen – nicht vorenthalten werden können. Die pauschale Verweigerung verstößt damit gegen Verfassungsrecht und wir werden das gerichtlich klarstellen lassen.

Des Weiteren werden wir während der heutigen – erneut nicht-öffentlichen – Sitzung über weitere Beweisanträge und die Terminierung der nächsten Zeugenbefragungen beraten. Auch werden wir heute einen weiteren Antrag auf eine Zeugenvernehmung von Edward Snowden vor dem Ausschuss in Berlin stellen und, sollte diesem erneut nicht stattgegeben werden und die Bundesregierung sich ferner auch weiterhin weigern, eine Befragung des Schlüsselzeugens Edward Snowden in Berlin endlich zu ermöglichen, vor dem Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe klagen.

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