Heute hat die EU-Kommission ihre Vorschläge für die europäische Urheberrechtsreform vorgelegt. Gemeinsam haben Renate Künast, Vorsitzende des Ausschusses für Recht und Verbraucherschutz und Tabea die Reform als halbherzig und ohne Vision kritisiert. 

Die europäische Kultur- und Digitallandschaft wartet seit Jahren auf eine zukunftsgewandte und vereinheitlichende europäische Urheberrechtsreform. Die EU-Kommission legt heute Reformvorschläge vor, die teils versuchen herkömmliche Geschäftsmodelle dem Netz aufzuzwingen, anstatt Kreativität und Innovation zu fördern. Zudem geht sie dringend erforderliche Reformen für Urheberinnen und Urheber und Nutzerinnen und Nutzer nicht konsequent an.

Die EU-Kommission tischt uns ein europäisches Leistungsschutzrecht für Presseverlage mit 20 Jahren Schutzfrist auf. Zur Erinnerung: Dieses Recht wurde unter schwarz-gelber Bundesregierung in Deutschland eingeführt und ist krachend gescheitert – zum Nachteil der Verlage. Es widerspricht im Grundsatz der offenen und freien Verlinkung im Netz.

Die Bundesregierung scheut seit Jahren die im Koalitionsvertrag versprochene Evaluation des Gesetzes, offenbar aus berechtigter Angst vor der Bestätigung des Desasters. Günther Oettinger und die EU-Kommission müssen dringend Abstand vom Leistungsschutzrecht für Presseverlage nehmen.

Die weiteren Reformvorschläge sind leider unentschlossen, hier sind eindeutig Chancen vertan worden. Der vereinfachte Erwerb europäischer Lizenzen und Urheberrechte, die für einen digitalen Binnenmarkt sinnvoll wäre, wird nur am Rande erwähnt oder gar nicht erst angepackt. Die EU-Kommission wollte künstliche Ländergrenzen durch sogenanntes Geoblocking eindämmen. Für uns ist klar, dass dabei die derzeitigen Finanzierungsmodelle für kulturelle Güter berücksichtigt und negative Folgen auf die kulturelle Vielfalt ausgeschlossen werden müssen – gerade deshalb  wäre eine klare Vision notwendig gewesen.

Die nun vorgelegten Ausnahmen und die Fokussierung auf temporäre Portabilität bleiben auf halber Strecke stehen. Gänzlich geschwiegen wird darüber, welche Rechte Verbraucherinnen und Verbraucher beim Erwerb digitaler Kulturgüter haben sollten. Dabei sind Antworten auf die Frage, ob und unter welchen Bedingungen digitale Güter weiterveräußert, verschenkt oder vererbt werden können, längst überfällig. Auch bei anderen Themen wie Panoramafreiheit, Onleihe von Bibliotheken und Aspekte rund um transformative Nutzung fehlen Antworten.

Zu begrüßen sind die dringend notwendigen Urheberrechtsausnahmen (Schranken) für Bildung und Wissenschaft. Der verpflichtende und vereinheitlichende Charakter muss allerdings auf andere Schranken ausgeweitet werden, will die EU-Kommission ihrem Anspruch eines digitalen Binnenmarktes gerecht werden.

Die Bundesregierung verspricht seit nunmehr neun Jahren eine große Urheberrechtsreform (3. Korb) und verweist jüngst auf die EU. Jetzt ist aber klar: Die Bundesregierung muss hier nun endlich selber handeln, und kann nicht länger warten – will sie nicht, dass das Leistungsschutzrecht für Presseverlage ihr einziges Vermächtnis im Urheberrecht bleibt.

Die jüngsten Initiaitven der Bundestagfraktion zum Urheberrecht findet Ihr hier

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