Nachdem das ACTA-Abkommen am Donnerstag von Vertretern der EU in Tokio unterzeichnet wurde, werden wir in den letzten Tagen immer wieder mit der Frage konfrontiert, wann ACTA durch Deutschland ratifiziert werden wird und wie der genaue Ratifizierungsprozess ausgestaltet ist. Mit diesem Beitrag wollen wir die wichtigsten Fragen hierzu kurz beleuchten und Euch auf Aktionen, an denen Ihr Euch beteiligen könnt, aufmerksam machen.

Wird sich der Bundestag mit ACTA beschäftigen?
Ja. Am Anfang der Legislatur, noch während das Anti Counterfeiting Trade Agreement verhandelt wurde, war zunächst noch unklar, ob die nationalen Parlamente an der Unterzeichnung des Abkommens beteiligt werden. Um diese Frage zu klären, haben wir eine Kleine Anfrage „Stand und Inhalt der Verhandlungen zum Anti-Counterfeiting Trade Agreement (ACTA) und Gewährleistung von Transparenz durch die Bundesregierung“ (pdf) gestellt, in der wir die Bundesregierung unter anderem auch befragt haben, ob sie unsere Meinung teilt, dass es sich bei ACTA um ein sogenanntes „gemischtes Abkommen“ handelt, was nichts anderes zur Folge hat, als dass das durch die Europäische Kommission verhandelte internationale Abkommen auch durch die nationalen Parlamente ratifiziert werden muss. Nach Beantwortung der Kleinen Anfrage war klar, dass dies so ist  und auch der Bundestag ACTA ratifizieren muss.

Wo stehen wir im Ratifizierungsprozess heute?
Lange Zeit war unklar, wann der endgültige völkerrechtliche Vertragsabschluss– sowohl auf europäischer als auch auf deutscher Ebene – tatsächlich stattfindet. Dieser Prozess ist nun also angelaufen. Nachdem das Abkommen von der EU (im Dezember durch die Regierungen im EU- Fischereirat, am Donnerstag in Tokio) und zahlreichen Mitgliedsstaaten (derzeit 22 von 27 Mitgliedsländer, Beschluss des deutschen Bundeskabinetts vom 30. November 2011) unterzeichnet wurde, liegt es bei den Parlamenten, sowohl denen der Mitgliedsstaaten als auch dem Europäischen, das Abkommen ebenfalls zu ratifizieren.

Wie geht es nun auf europäischer Ebene weiter?
Von Seiten der europäischen Ebene ist vorgesehen, ACTA am 29. Februar 2012 im federführenden Ausschuss des Europäischen Parlaments, dem Ausschuss für internationalen Handel (INTA), zu behandeln. Dieser bereitet eine Beschlussempfehlung vor, an der sich das Parlament dann orientieren kann. Voraussichtlich im Juni 2012 soll dann endgültig im Plenum über das Abkommen abgestimmt werden. Ob dieser Zeitplan tatsächlich eingehalten werden kann, ist derzeit jedoch fraglich, da der zuständige EU-Berichterstatter (das ist die Person, die die Aktivitäten zu einem bestimmten Thema innerhalb des EPs koordiniert) gerade aus Protest gegen ACTA zurückgetreten ist. Die Grünen im Europäischen Parlament halten unterdessen an ihrer Forderung fest, ACTA vor der Ratifizierung durch das Parlament dem Europäischen Gerichtshof zur Prüfung vorzulegen.

Wie geht es nun auf deutscher Ebene weiter?
Der Beschluss des Bundeskabinetts stellt noch keine Ratifizierung des Abkommens durch die Bundesrepublik Deutschland dar, sondern ist quasi die Vorstufe der Ratifizierung auf Regierungsebene. Die Zeichnung durch das Bundeskabinett bindet das Parlament rechtlich nicht, ist aber natürlich eine Art politische Vorfestlegung. Der Bundestag wird sich jedoch noch einmal gesondert mit ACTA beschäftigen.

Wann wird sich der Bundestag mit der Ratifizierung von ACTA beschäftigen?
Der Bundestag hat sich bereits – leider nicht öffentlich – in einer Sitzung des Unterausschusses Europarecht im Dezember mit dem Abkommen auseinandergesetzt. Auf Bitte von uns Grünen wurde u.a. Prof. Metzger im Ausschuss angehört, der zusammen mit einer Gruppe von europäischen Rechtswissenschaftlerinnen und Rechtswissenschaftlern in einer gemeinsamen Erklärung die EU-Mitgliedsstaaten sowie das Europäische Parlament und die Kommission aufgefordert hatte, dem Abkommen nicht zuzustimmen. Wann die Ratifizierung des Abkommens durch den Bundestag stattfindet, steht nach wie vor noch nicht fest. Sobald ein Zeitplan vorliegt, werden wir hier darüber berichten.

Wie kann ich mich gegen ACTA engagieren?
Der internationale Aktionstag gegen die beiden vor kurzem in Amerika zur parlamentarischen Beratung anstehenden Vorhaben SOPA und PIPA hat deutlich gemacht: Demokratischer Protest gegen undemokratische Vorhaben lohnt! Als Grüne Bundestagsfraktion werden wir uns auch weiterhin dafür einsetzen, dass sich das Parlament vor der Ratifizierung intensiv mit den bezüglich ACTA nach wie vor im Raum stehenden Fragen auseinandersetzt. Beteiligt Euch auch weiterhin an den Aktionen und  schreibt den Abgeordneten im Europäischen Parlament.

All diejenigen, denen es ebenfalls ein Anliegen ist, dass sich auch das deutsche Parlament intensiv mit den möglichen Auswirkungen des ACTA-Abkommens auseinandersetzt, sollten sich jetzt möglichst schnell Gedanken darüber machen, wie es gelingt, einerseits die Öffentlichkeit über ACTA und seine möglichen Folgen zu informieren, andererseits die Abgeordneten des Bundestages dazu zu bewegen, das Thema tatsächlich Ernst zu nehmen. So wäre eine Mailaktion in Anlehnung an die Kampagne, Europaabgeordnete anzuschreiben und sie auf die von ACTA ausgehenden Gefahren hinzuweisen, ebenfalls denkbar.

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