Das Thema Störerhaftung bei WLAN wird auf politischer Ebene seit langem kontrovers diskutiert. Das „Sommer unseres Lebens“-Urteil des Bundesgerichtshofes im Mai 2010 hat zu einer erheblichen Rechtsunsicherheit auf Seiten von WLAN-Betreibern geführt. Folge des Urteils war, dass viele Straßencafés aber zum Beispiel auch Hotels ihre Angebote entweder stark eingeschränkt oder gleich komplett eingestellt haben. Um es zum Beispiel Internetcafés zu erlauben, ihren Kunden auch weiterhin WLAN-Zugänge anzubieten, aber auch um nachbarschaftliches Engagement wie die Freifunkgemeinde zu stärken ist es nun dringend angeraten, diese Rechtsunsicherheit zu beheben.

Bundesjustizministerin Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) hatte im November letzten Jahres vor dem Hintergrund einer seit langem intensiv geführten Diskussion um die sogenannte WLAN-Störerhaftung noch einmal angekündigt, sich der Frage endlich anzunehmen und „ein eventuell bestehendes Ungleichgewicht bei der Störerhaftung für WLAN-Betreiber“ doch noch ausgleichen zu wollen. Der vollmundigen Ankündigung der Bundesjustizministerin sind keinerlei Taten gefolgt: Während die schwarz-gelbe Bundesregierung ansonsten ja gerne mal Referentenentwürfe vorlegt, um anschließend zuzuschauen, wie diese im monatelangen Klein-Klein zwischen den Ministerien Stück für Stück zerrieben werden, hatte man bei der Störerhaftung jedoch noch nicht einmal die Vorlage eines Referentenentwurfs gewagt.

Im März dieses Jahres hat die Bundesregierung dann endgültig auch die WLAN-Störerhaftung, eines ihrer letzten netzpolitischen Kernprojekte, abgepfiffen. Dies hat vor dem Hintergrund der Tatsache, dass im Bundestag derzeit verschiedene Initiativen zur Störerhaftung vorliegen, sehr verwundert und ist vor allem auf die anhaltenden Diskussionen zwischen Konservativen und Liberalen zurück zu führen, die sich ganz offenbar nicht einig wurden. Hier findet Ihr eine Übersicht der Diskussionen im Bundestag und den hierzu vorliegenden Initiativen.

Anhörung zur Störerhaftung im Unterausschuss Neue Medien am 13. Mai 2013
Im Rahmen der nächsten Sitzung des Unterausschuss Neue Medien steht das Thema Störerhaftung am Montag, den 13. Mai 2013, erneut auf der Agenda. So wird zwischen  13:00 und 15:00 Uhr neben einem Sachstandbericht der Bundesregierung zu den Themen Breitbandausbau und aktuelle Initiativen zur Gründerförderung auch eine Anhörung zur Störerhaftung bei WLAN auf der Tagesordnung des Ausschusses. Für beide Themen sind jeweils 60 Minuten vorgesehen. Die Sitzung ist öffentlich, d.h. interessierte können sich hierzu ab sofort beim Ausschussekretariat anmelden.

Bundesjustizministerium kneift
Zudem war von Seiten aller Fraktionen angedacht, dass das Bundeswirtschaftsministerium (BMWi) und das Bundesjustizministerium (BMJ) auf Fragen antworten. Gerade hat das BMJ seine Teilnahme an der Anhörung abgesagt und darauf verwiesen, dass sich die Anhörung ausweislich der zugrunde liegenden parlamentarischen Vorlagen mit einer Regelung der Thematik im Telemediengesetz (TMG) befasst, wofür innerhalb der Bundesregierung das BMWi federführend zuständig sei. Angesichts der bisherigen Positionierung des BMJ und Ministerin Leutheusser-Schnarrenberger wundert einen diese Absage, die wir auch im Rahmen der Anhörung noch einmal thematisieren werden, schon. So zwingt sich geradezu der Eindruck auf, die Ministerin wolle vermeiden, dass ihr Haus lästige Fragen bezüglich der Nicht-Vorlage einer entsprechenden Initiative im Rahmen der Anhörung beantworten muss.

Von den Fraktionen bislang benannte Sachverständige
Derzeit benennen die Fraktionen die zu der Anhörung einzuladenden vier Sachverständigen. Als Oppositionsfraktionen haben SPD, Grüne und Linke gemeinsam Prof. Michael Rotert, Vorstandsvorsitzender des Verbands der deutschen Internetwirtschaft e.V. (eco) und  Ulf Buermeyer, Richter am Landgericht Berlin, benannt.

Anmeldung & Stream
Zuhörerinnen und Zuhörer werden gebeten, sich unter Angabe von Name, Vorname und Geburtsdatum beim Sekretariat des Ausschusses für Kultur und Medien per Mail anzumelden. Gäste werden gebeten, darauf zu achten, dass sie sich ausweisen können. Derzeit bemühen wir uns darum, dass die Sitzung des Ausschusses zusätzlich gestreamt wird.

UPDATE 06.05.2013:

Auf folgende Fragen, die den Sachverständigen im Vorfeld der Anhörung zugeleitet werden, haben sich die Fraktionen verständigt.

Fragen der Koalition:

1.   Bitte stellen Sie dem Ausschuss Ihnen bekannte WLAN-Modellprojekte vor. Welche Probleme haben sich dabei für Betreiber und insbesondere Nutzer ergeben: urheber- und strafrechtlich relevante Verstöße, Schwierigkeiten im Prozessrecht, datenschutz-rechtliche Fragen etc.?

2.   Abgesehen von haftungsrechtlichen Fragen: Welche weiteren, insbesondere tech-nischen, Voraussetzungen müssten Ihrer Ansicht nach erfüllt sein, um neue Geschäftsmodelle im Bereich der Verbreitung des mobilen Internets (z. B. Umsetzung der LTE-Technologie) zu befördern?

3.   Wie viele Abmahnungen erhalten Betreiber eines offenen WLANs aufgrund der bisher bestehenden gesetzlichen Störerhaftung, wie viele davon haben letztlich zu einer eindeutigen Identifizierung des jeweiligen Nutzers geführt und wie hoch ist die Quote von Falschauskünften? Im Vergleich, wie viele Auskunftsbegehren von Rechte-inhabern zur Vorbereitung von Abmahnungen müssen ISP monatlich (oder im Jahr) beantworten?

Fragen der Opposition:

4.   Welches sind die Haftungsunterschiede, wenn offene WLANs von a) Privatleuten und b) Unternehmen (z.B. auf Veranstaltungen, Konferenzen etc.) angeboten werden? Ist es notwendig, hier eine nach privater und gewerblicher Nutzung differenzierte Haftungsbeschränkung zu unterscheiden?

5.   Welche Potenziale bieten WLAN-Netze im Rahmen der digitalen Infrastruktur und wo sehen Sie gesetzgeberischen Handlungsbedarf, um das Haftungsrisiko für WLAN-Betreiber zu beschränken? Wie könnte eine solche gesetzliche Änderung aussehen?

6.   Wo sehen Sie darüber hinaus konkreten Handlungsbedarf, um die Potenziale von WLAN-Netzen nicht länger brach liegen zu lassen und welche Aufgabe kommt hierbei öffentlichen Einrichtungen (z.B. Bibliotheken und Müssen, dem Öffentlicher Nahverkehr, Stadtverwaltungen etc.) zu?

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