Anlässlich neuer Medienberichte, wonach der Bundesnachrichtendienst (BND) über Jahre Daten auch deutscher Bürger an die National Security Agency (NSA) weitergegeben hat, habe ich heute als Obmann im Untersuchungsausschuss gemeinsam mit meinem Stellvertreter im Untersuchungsausschuss und Mitglied des Parlamentarischen Kontrollgremiums, Hans-Christian Ströbele, die Bundesregierung aufgefordert, nun endlich alle Karten auf den Tisch zu legen.
Der BND ist ganz offenbar Teil des Netzwerkes globaler anlassloser Massenüberwachung. Sollten hierbei tatsächlich jahrelang auch Daten von Bundesbürgern an die US-amerikanische NSA weitergegeben worden sein, handelt es sich um einen handfester Skandal. Die bisher von Kanzlerin Merkel verfolgte Argumentation, auf deutschem Boden gelte deutsches Recht, wäre falsch. Sollte sich zudem bewahrheiten, dass die zuständigen Kontrollgremien des Bundestages bewusst falsch informiert wären, können wir nicht einfach zur Tagesordnung übergehen.
Das Kanzleramt hatte Anfang Juli 2014 auf die schriftliche Frage von Hans-Christian Ströbele, ob der BND von 2004 bis 2007 am Glasfaserknotenpunkt Frankfurt massenhaft Daten abgeschöpft und an die NSA weitergeleitet hat, dies verneint. Das war die Unwahrheit, wenn die Meldung von SZ und ARD zutrifft. Das Parlament sollte dann offensichtlich nicht ordentlich und richtig informiert, sondern irregeführt werden.
Eine solche Kooperation am Parlament vorbei wäre inakzeptabel, eine Mißachtung des Parlaments und des Informationsrechts der Abgeordneten. Die Bundesregierung kann sich nicht über Überwachung und Ausspähen deutscher Bürger und Unternehmen beklagen und ein No-Spy-Abkommen einfordern, während deutsche Dienste Teil des Systems sind.
Auch die anlasslose massenhafte Verletzung des Kommunikationsgeheimnisses von Nichtdeutschen am deutschen Netzknoten wirft gravierende Fragen hinsichtlich der Rechtmäßigkeit auf. Die pauschale Rechtlosstellung von Ausländern führt zu einer strukturellen Aushebelung des Grundrechts- und Menschenrechtsschutzes. Die alte Erkenntnis „jeder ist ein Ausländer fast überall“ gilt erst recht im globalen Kommunikationsnetzwerk Internet.
Die jüngsten Medienberichte haben verdeutlicht: Die Aufklärungsarbeit durch den Parlamentarischen Untersuchungsausschuss schreitet voran. Richtig und wichtig war auch die Praxis des BND in den Untersuchungsauftrag aufzunehmen. Hiergegen hatten sich Union und SPD monatelang gesträubt.
Die Aufklärung werden wir sowohl im Parlamentarischen Untersuchungsausschuss als auch im Parlament insgesamt auch weiterhin entschlossen vorantreiben. Die Bundesregierung darf diese nicht länger hintertreiben. Sie muss endlich alle Karten auf den Tisch legen und der offenkundig verfassungs- und menschenrechtswidrigen Praxis der Dienste Einhalt gebieten.
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