Immer wieder haben wir in den vergangenen Jahren über das Leistungsschutzrecht für Presseverlage berichtet. Kaum ein Gesetz hat anschaulicher verdeutlicht, wie sehr die Bundesregierungen unter Angela Merkel es verpassen, den fortschreitenden digitalen Wandel unserer Gesellschaft im Sinne der Verbraucherinnen und Verbraucher zu gestalten.
Statt die überfällige und seit Jahren angekündigte Reform des Urheberrechts und den sogenannten „3. Korb“ endlich anzugehen, legte die schwarz-gelbe Bundesregierung ein Leistungsschutzrecht vor, das bis heute niemandem nützt. Wenn es ein vergleichbares Vorhaben der letzten Jahre mit einem ähnlich großen Kollateralschäden in Sachen netzpolitischer Reputation für die Beteiligten gab, dann war es wohl das – mittlerweile zum Glück nicht mehr existente – Netzsperren-Gesetz.
Sich am Anfang der Wahlperiode das eigene Scheitern einzugestehen, fehlte dem konservativen Teil der neuen schwarz-roten Bundesregierung offenbar der Mut und so einigte man sich, nachdem die SPD, die das Gesetz in der letzten Wahlperiode ebenfalls noch ad acta legen wollte, hiervon aber heute nichts mehr wissen will, schlicht auf eine Evaluierung des völlig verfehlten Gesetzesvorhabens, von der auch weiterhin, das haben die Antworten der Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage von uns gezeigt, völlig unklar ist, ob und ggf. wann sie überhaupt kommen wird. So antwortet die Bundesregierung in ihren Antworten auf unsere Kleine Anfrage unter anderem, sie wolle diese Evaluation erst umsetzen, wenn „hinreichende Erfahrungen mit der Anwendung des Schutzrechtes vorliegen“.
Mittlerweile haben mehrere Anhörungen im Bundestag zum Reformstau im Urheberrecht im Allgemeinen, aber auch zum Leistungsschutzrecht im Speziellen stattgefunden. Die Kritik an dem vorliegenden Gesetz war – man kann es nicht anders sagen – verheerend. Doch auch dies hat die Koalitionspartner bislang nicht zum Umdenken gebracht. Nachdem Grüne und Linke erneut einen Gesetzentwurf zur Aufhebung des Leistungsschutzrecht (pdf) vorgelegt haben (hier die Rede zur ersten Lesung unseres Gesetzentwurfs, hier das Video der letzten Anhörung), wird sich nun der federführende Rechtsausschuss erneut mit dem Leistungsschutzrecht und dessen Sinnhaftigkeit befassen.
Der Ausschuss für Recht und Verbraucherschutz des Deutschen Bundestages wird am Mittwoch, dem 4. März 2015, von 11.30 Uhr bis voraussichtlich 14.00 Uhr eine öffentliche Anhörung zu dem Gesetzentwurf von Grünen und Linken durchführen. Die Anhörung, zu der verschiedene Sachverständige geladen sind, wird im Paul-Löbe-Haus, Raum 2.600 stattfinden. Wir werden hier noch rechtzeitig vor der Anhörung über die geladenen Sachverständigen und den Fragenkatalog berichten.
Anmeldung zur Anhörung:
Auf den Seiten des Rechtsausschuss finden sich Informationen für diejenigen, die der Anhörung live beiwohnen wollen. Es wird darum gebeten, dass sich Interessierte per Mail unter Angabe des vollständigen Namens und des Geburtsdatums sowie des Datums um des Themas der Anhörung an das Ausschusssekretariat wenden. Aus Platzgründen wird eine schnelle Anmeldung empfohlen. Zudem wird darum gebeten, zur Einlasskontrolle einen gültigen Personalausweis oder Reisepass mitzubringen.
UPDATE 18.02.2015:
Wie immer bei öffentlichen Anhörungen haben Grüne und Linke Bundestagsfraktion auch diesmal Streaming der Anhörung zum Leistungsschutzrecht beantragt. Die Große Koalition lehnte das mit ihrer übergroßen Stimmenmehrheit ab, so dass die Anhörung nur direkt vor Ort oder per Twitter verfolgt werden kann. Vielleicht mag aber ja auch noch jemand livebloggen?
Liste der geladenen Sachverständigen:
- Dr. Sebastian Doedens, Hubert Burda Media Holding KG, München Head of Public Affairs
- Prof. Dr. Felix Hey, Verlag Dr. Otto Schmidt KG, Köln Geschäftsführender Gesellschafter
- Prof. Dr. Eva Inés Obergfell, Humboldt-Universität zu Berlin Juristische Fakultät Lehrstuhl für Bürgerliches Recht, Gewerblichen Rechtsschutz und Urheberrecht, Internationales Privatrecht und Rechtsvergleichung
- Philipp Otto, iRights.info, Berlin Redaktionsleiter und Gründer Verlag iRights.Media
- Prof. Dr. Gerald Spindler, Georg-August-Universität Göttingen Lehrstuhl für Bürgerliches Recht, Handels- und Wirtschaftsrecht, Rechtsvergleichung, Multimedia- und Telekommunikationsrecht
- Thomas Stadler, Rechtsanwalt, Freising
- Prof. Dr. Malte Stieper, Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg Juristische und Wirtschaftswissenschaftliche Fakultät Gundling-Professur für Bürgerliches Recht, Recht des geistigen Eigentums und Wettbewerbsrecht (GRUR-Stiftungsprofessur)
Einen zwischen den Fraktionen abgestimmten Fragenkatalog, der den Sachverständigen im Vorfeld der Anhörung zugeleitet wird, gibt es im Rechtsausschuss traditionell nicht.
UPDATE 20.02.2015 Stellungnahmen
Die ersten Stellungnahmen der Sachverständigen trudeln ein. Wir verweisen hier nach und nach auf die dem Ausschuss zugesandten Einschätzungen.
UPDATE 27.02. weitere Stellungnahmen
UPDATE 3.03. weitere Stellungnahme
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