Täglich, fast stündlich erreichen uns neue Informationen, was den Einsatz der vom CCC untersuchten  Software in den Bundesländern angeht. Heute wissen wir, dass zumindest einzelne Länder die Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts eklatant missachtet haben. Dabei steht der immer stärkere Verdacht im Raum, der Bund könnte hier eventuell bei der Beschaffung und Verteilung bzw. Weitergabe eine koordinierende und damit verantwortliche Funktion eingenommen haben.

Bisher hat die schwarz-gelbe Bundesregierung vehement versucht, den Eindruck zu erwecken, sie habe rein gar nichts mit dem analysierten Trojaner zu tun. Es wurde auf die Länder verwiesen. Nun verdichten sich die Anzeichen, dass die Bundesebene eine wohl zumindest koordinierende Funktion bei der Verteilung des Trojaners übernommen hat.

So wird der zuständige Abteilungsleiter des Bundeskanzleramtes in einer Tickermeldung, die heute Nacht um 3:14 Uhr von der Nachrichtenagentur ddp verschickt wurde und sich auf ein Zitat des zuständigen Abteilungsleiters in der heutigen Ausgabe der Stuttgarter Nachrichten bezieht, mit den Worten zitiert:

„Jene Behörden, die die Programme nutzen, müssen die Software für jeden einzelnen Zugriff zuschneiden, dass es im Rahmen der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zulässig ist.“

Bisher ist die Informationspraxis der Bundesregierung völlig unzulänglich. Geschlagene zwei Tage hat der Bundesinnenminister gebraucht, sich unserer Forderung nach einem sofortigen Einsatzstopp der fraglichen Software anzuschließen. Einen ersten Verdacht auf eine koordinierende Funktion einer Bundesbehörde gab es bereits nach Äußerungen des Innenministeriums in Brandenburg. Im Zusammenhang mit dem Einsatz der betreffenden Software gab ein Sprecher des Ministeriums an, dass eine Bundesbehörde bei dessen Beschaffung Amtshilfe geleistet habe. Nun wird, nachdem peu a peu deutlich wird, wie viele Bundesländer tatsächlich Trojaner einsetzen,  Seiten des Bundeskanzleramtes offenbar versucht, mit dünnen und vagen Statements gegenzusteuern und Schadensbegrenzung zu betreiben. Das wird so nicht gelingen.

Wir fordern weiterhin eine umfassende Aufklärung aller in diesem Zusammenhang relevanten Entscheidungen und Verantwortlichkeiten, und zwar auf Landes- sowie der Bundesebene. Sollte sich bewahrheiten, dass eine Bundesbehörde für die Verbreitung eines Programms verantwortlich ist, dessen Komponenten klar und offensichtlich gegen die Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts verstoßen, wäre dies ein handfester Bundes-Skandal.

Alle Fakten müssen jetzt auf den Tisch. Der deutsche Bundestag und die Länderparlamente müssen schnell und umfassend informiert werden. Vor diesem Hintergrund haben wir uns eng mit den grünen Landtagsfraktionen abgestimmt, einen umfassenden Fragenkatalog erarbeitet und Berichte der Bundesregierung sowohl im Innen- als auch im Rechtsausschuss des Bundestages beantragt. Die Bundesregierung soll in der kommenden Sitzungswoche zudem in einer aktuellen Stunde im Bundestag vollumfänglich zu den Vorwürfen Stellung nehmen und ihre Schlussfolgerungen und Konsequenzen hinsichtlich der skandalösen Vorgänge darlegen können.

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