Warum ist Netzneutralität wichtig und was bedeutet es, wenn Netzneutralität nur ein Wort ist, dass in der Praxis keine Beachtung findet? Wir wollen eine Serie starten, die Verstöße gegen das Prinzip der Netzneutralität dokumentiert. Sie soll aufzeigen, wie es aktuell um die Netzneutralität bestellt ist und wie nötig es ist, klare Regeln zu definieren um die Netzneutralität zu wahren.
Zum warm werden: England, Oktober 2010:
Auf einer Veranstaltung zum Thema Netzneutralität in England sprachen sich Vertreter der zwei größten Internet-Anbieter des Landes, TalkTalk und British Telecom dafür aus, bestimmten Angeboten mehr Bandbreite zukommen zu lassen. Voraussetzung: Sie bezahlen dafür.
Ein führender Vertreter von TalkTalk spezifierte auf Nachfrage, dass man z.B. YouTube mehr Bandbreite zur Verfügung stellen würde als dem iPlayer der BBC. Das sei für ihn ein „normales“ Geschäft. Für den iPlayer, ein nicht-kommerzielles Angebot (vergleichbar mit den Mediatheken von ARD oder ZDF) bedeutet das: mehr Ruckeln, längere Buffer-Zeiten, genervte Nutzer.
Das würde im Umkehrschluss bedeuten, dass alle Dienste, die mit Streamangeboten arbeiten, dafür zahlen müssten, damit man sie überhaupt vernünftig nutzen kann. Für neue Angebote bedeutete das eine hohe finanzielle Hürde. Auf einem Markt, dessen große Erfolgsstorys zumeist in der berühmten „Garage“ ihren Ursprung hatten, ist eine solche Hürde wenig innovationsfreundlich.
Der iPlayer wäre dann übrigens auch nicht das erste Mal durch Verstöße gegen das Prinzip der Netzneutralität bedroht. Zur Einführung des Players kündigten die größten englischen Netzbetreiber an, ihn notfalls zu verlangsamen, sollte die BBC nicht extra dafür zahlen. Und sie machten ihre Drohung wahr – offiziell natürlich aus anderen Gründen.
Übersetzt heißt das: Ist ein Online-Angebot (in diesem Fall ein Streaming-Angebot) besonders erfolgreich, hätten Netzbetreiber gerne etwas vom Kuchen ab. Und wenn ihnen das Stück verwehrt wird, verfügen sie über Mittel, um das Angebot für den Nutzer weniger attraktiv (langsamer) zu machen.
Mehr zum Thema und die Möglichkeit zur Unterstützung gibt es bei der Initiative Pro Netzneutralität und bei den Europäischen Grünen (EGP), die kürzlich einen Antrag (PDF) zur gesetzlichen Verankerung der Netzneutralität verabschiedet haben.
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