Es gibt viele Beiträge die die „Cablegate“-Veröffentlichungen bei Wikileaks thematisieren. Auch wenn ich die Inhalte die ich selber bewerten kann (Deutschland/Europa) nicht besonders spannend finde, so finde ich den Grundsatz gut und richtig das es zu einer Veröffentlichung kam. Es sorgt für Transparenz in einem Bereich der bisher gar nicht in der Öffentlichkeit stand. Jetzt kann man vom Untergang der Diplomatie reden oder überdenken wie Diplomatie im 21. Jahrhundert funktionieren oder sich weiterentwickeln sollte. Zweiteres wäre der richtige Schritt.

Viel bedeutender finde ich aber die Folgen die aus der Debatte um Wikileaks entstehen. Da werden DNS Einträge gelöscht, Konten gesperrt oder die Spiegelung der Inhalte bei Hosting-Anbietern nicht zugelassen. Wohl gemerkt, es geht hierbei nicht um Terrorismus, Staaten die Menschenrechtsverletzungen begehen oder die internationale Drogenwirtschaft. Es geht um eine Enthüllungsplattform die nach meinen Informationen bisher nicht rechtlich verurteilt wurde wegen ihrer letzten Veröffentlichungen.

Die Vorfälle der letzten Tage zeigen vielmehr einen Totalausfall der Internet Governance. Allen voran ICANN hat hier versagt und nicht den nötigen Druck aufgebaut deutlich zu machen, das man nicht vor staatlicher Einflussnahme einknickt, sondern in solchen Momenten Stärke zeigen muss. Hier würde ich mir auch eine klare Positionierung von eco – Verband der deutschen Internetwirtschaft freuen. In welche Infrastruktur soll man noch vertrauen, wenn Daten von heute auf morgen aus der Amazon Cloud fliegen, der eigene Domainname aus der entsprechenden Registry geworfen wird und Kreditkartenfirmen die Spendenmöglichkeiten blockieren.

Das Internet als freies Medium? Dies sieht man hier nicht mehr. Was bedeutet es, wenn es erstmal richtig zu einem internationalen Konfliktfall kommt, Konflikte zwischen Staaten? Auf das Internet mit seinen vielen Möglichkeiten ist dann kein großer Verlass mehr. Die Vorgänge um Wikileaks zeigen mehr als deutlich, das es massiven Nachholbedarf gibt für solche Szenarien entsprechende Fälle durchzuspielen, Mechanismen zu entwickeln das nicht von heute auf morgen Daten gelöscht werden und unliebsame Informationen verschwinden.

Es ist beängstigend wie Vertrauen in eine technische Infrastruktur so schnell verspielt werden kann. Ich hoffe das beim ICANN Gipfel in Cartagena dies Thema sein wird und ich hoffe das sich viele Menschen auf der Welt weitere Gedanken machen, wie solche Szenarien zukünftig verhindert werden oder wie Alternativstrukturen aufgebaut werden können. Die Vorkommnisse zeigen darum deutlicher als zuvor, wie wichtig Netzneutralität und eine Plattformregulierung ist. Netzneutralität gesetzlich zu verankern ist nicht nur wichtig um wirtschaftliche und technische Entfaltungsmöglichkeiten zu erhalten, sondern vor allem um Demokratie und Menschenrechte zu schützen. Schutz vor staatlicher und unternehmerischer Willkür.

Crosspost.

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