Olaf Scholz hat in seiner Eröffnungsrede des Mediendialogs Hamburg zum Thema “Fortschritt durch Technik – für eine Governance des Medienwandels” die wichtigen Aspekte, die sich derzeit unserer Medienordnung stellen, zwar richtig beschrieben, schlägt aber den falschen Weg aus dem Dilemma vor. Ja, die digitalen Innovationen schaffen einerseits neue Perspektiven und Chancen für die Gesellschaft, stellen die Medienwirtschaft aber vor große Herausforderungen, deren Folgen zurzeit noch nicht ganz absehbar sind. Ja, die Gesellschaft muss einen gemeinsamen Konsens finden und sich auf eine mediale Werteordnung einigen. Aber: Nein, Medienregulierung sollte nicht im föderalen System verhaftet bleiben. Wir brauchen eine Antwort auf die zunehmend globalisierte Medienwelt, die konvergenzbedingte Verschmelzung diverser Mediengattungen. Diese kann nicht in den Hinterzimmern der Staatskanzleien unter dem Einfluss lokalpolitischer Machtinteressen gefunden werden.
Medienregulierung muss konzentriert stattfinden. Das würde sich idealerweise auch auf die verschiedenen Regelwerke auswirken. Denn schon jetzt gibt es Abgrenzungsschwierigkeiten der verschiedenen Rechtsbegriffe Rundfunk, Telemedien, Telekommunikationsdienste oder elektronische Kommunikationsdienste. Dies wird mit dem Aufkommen von Zwitterdiensten, wie Web- und Hybrid-TV weiter zunehmen. Um so dringlicher ist es, einen gemeinsamen Grundkonsens zu finden, wie eine Regulierung aussehen kann, die diese globale und konvergente digitale Entwicklung berücksichtigt, den unterschiedlichen Akteuren ein faires Wirtschaftsfeld bietet und gleichzeitig auch unsere hohen nationalen Schutzanforderungen eines vielfältigen, pluralistischen und unabhängigen Medien- und Kommunikationsmarkts weiterhin gerecht wird. So wünschenswert es auch ist: Eine befriedigende internationale oder auch europäische Regelung dürfte eher unrealistisch sein – dafür gehen die Vorstellungen von einer Regulierungsordnung gerade wegen der einerseits wirtschaftlichen, andererseits aber auch kulturpolitischen Bedeutung der Medienwirtschaft zu stark auseinander.
Demgegenüber ist das Beharren auf eine alleinige Kompetenz der Länder rückwärtsgewandt. Dass eine föderal strukturierte Rundfunkkommission und ein Medienstaatsvertrag der Länder keine geeignete effiziente Lösung ist, zeigte zuletzt das Scheitern des Jugendmedienschutz-Staatsvertrags.
Wir brauchen vielmehr eine gemeinsame Koordinationsstelle, die wirtschaftliche, technologische und medienpolitische Fragen zusammen beantwortet. Ein solcher Medien- oder Kommunikationsrat, etwa aus Vertreterinnen und Vertretern einer (noch zu gründenden) Medienanstalt der Länder und den für den Bereich Information und Kommunikation zuständigen Bundesbehörden zusammengesetzt, wäre in der Lage, die verschiedenen Teilbereiche zu bündeln, Probleme und Lösungsansätze zu erörtern und sowie auf nationaler, als auch globaler Ebene zu agieren. Hier könnten auch Wissenschaft, Zivilgesellschaft, Monopolkommission, Bundeskartellamt und Bundesnetzagentur zu Wort kommen. Nur so kann eine sinnvolle Gestaltung der Medienordnung im globalen Zeitalter erfolgen und gleichzeitig eine Werteordnung erhalten bleiben, welche die kommunikationspolitischen und kulturellen Aspekte weiterhin gegen einen immer stärker werdenden globalen Wirtschaftsmarkt aufrechterhalten kann.
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