Die Behandlung kritischer Blogger und Aktivisten in Ägypten ist ein wichtiger Indikator für Rechtsstaatlichkeit und für den Erfolg des Demokratieprozesses. Denn dass allein seit Sturz des Mubarak-Regimes 12.000 Zivilisten vor Militärgerichte gestellt wurden, ist nicht hinnehmbar. Unter ihnen ist der Blogger Maikel Nabil Sanad, der wegen seiner Kritik an der ägyptischen Armee verurteilt wurde. Sein Schicksal steht symbolisch für viele weitere Verhaftungen und Verurteilungen, wie etwa auch die des Bloggers Alaa Abd El-Fattah, der glücklicherweise nach erheblichen Protesten am 26. Dezember wieder freigelassen wurde.

Vor ihrer Reise nach Ägypten hat Kerstin Müller, die Außenpolitische Sprecherin der Grünen Bundestagsfraktion, daher einen Offenen Brief an den Botschafter der Arabischen Repubik Ägypten in Berlin geschrieben, in dem sie ihn dazu auffordert, alles in seiner Macht stehende für die Freilassung Maikel Nabils zu tun. Wir dokumentieren hier ihren Brief:

 

Sehr geehrter Herr Botschafter,

vor fast einem Jahr hat die mutige Bevölkerung Ägyptens den Sturz des Mubarak-Regimes herbeigeführt. Die ägyptische Armee hat mit dazu beigetragen, dass dieser Sturz zwar nicht ohne aber doch mit einer vergleichsweise geringen Zahl von Opfern vollzogen werden konnte.

Obgleich die revolutionären Veränderungen in der arabischen Welt ihren Ausgang in Tunesien hatten, schauen viele Gesellschaften in der Region und weltweit auf die Entwicklungen in Ägypten. Ägypten ist das bevölkerungsreichste Land der arabischen Welt und kann auf eine große historische Bedeutung zurücksehen.

Ägypten und seine Regierung sowie der Militärrat stehen vor großen Herausforderungen. Dass die Parlamentswahlen bisher wie geplant durchgeführt wurden, ist ein bedeutender Schritt hin zu mehr Demokratie und Rechtsstaatlichkeit. Es gibt aber leider auch Entwicklungen, die einer Entwicklung zu mehr Demokratie und Rechtsstaatlichkeit völlig entgegenstehen. Dazu gehört die Tatsache, dass seit dem Sturz des Mubarak-Regimes mehr als 12.000 Zivilisten vor Militärgerichte gestellt wurden. Einer dieser mehr als 12.000 Zivilisten ist der Blogger Maikel Nabil. Er wurde zu einer zweijährigen Haftstrafe verurteilt, weil er Meinungen geäußert hatte, die dem regierenden Militärrat nicht gefielen.

Maikel Nabil befindet sich seit fast 10 Wochen in einem Hungerstreik. Seine gesundheitliche Situation ist kritisch und wenn der regierende Militärrat nicht handelt, wird er sterben. Der Militärrat steht vor der Entscheidung: Gibt er ein Signal von Menschlichkeit, ein Signal, dass künftig keine Zivilisten mehr vor Militärgerichte gestellt werden, oder nimmt er den Tod von Maikel Nabil billigend in Kauf. Der Tod von Maikel Nabil würde die ohnehin schwierige Entwicklung Ägyptens zu einem Leben seiner Bevölkerung in mehr Würde schwer belasten. Maikel Nabil muss freigelassen werden.

Ich wünsche mir, dass ich bei meinem Besuch Ende dieses Monats in Ägypten zusammen mit unserem Fraktionsvorsitzenden Jürgen Trittin Maikel Nabil in genesenem Zustand besuchen kann und nicht sein Grab besuchen muss.

Ich bitte Sie, alles in Ihrer Macht stehende zu tun, um dies möglich zu machen.

Mit freundlichen Grüßen

Kerstin Müller

Mitglied des Deutschen Bundestages
Fraktion Bündnis 90/Die Grünen
Außenpolitische Sprecherin

 

Den Brief könnt Ihr hier als PDF herunterladen.

Kerstin Müller ist außenpolitischer Sprecherin der grünen Bundestagsfraktion. Sie twittert unter @kerstin_mueller.

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