Ein Gastbeitrag von David Mohr, Bündnis 90 / Die Grünen, Landesverband Bremen
Netzpolitik ist ein globales Thema, da könnte man meinen, je kleiner das politische Gestaltungsgebiet, desto kleiner die politischen Möglichkeiten – falsch gedacht. Sicherlich kann die Bremische Bürgerschaft nicht Facebook mit einem strengen Datenschutzrecht auf Landesebene in die Knie zwingen, dafür müssen dann die politischen Einflussmöglichkeiten des kleinsten Bundeslandes nach oben herhalten. In wie fern das konkret geschieht, entzieht sich meiner Kenntnis, aber aufgrund der Tatsache, dass wir hier eine „große“ Koalition aus SPD und Grünen (ja, zur Erinnerung, die CDU ist nur drittstärkste Kraft im Landtag) haben und ebenfalls ein Grüner Berichterstatter zur Datenschutzgrundverordnung der Europäischen Union ist, werden ähnliche Positionen vorprogrammiert sein. Die Einladung Jan-Phillip Albrechts am letzten Tag der von Bremen veranstalteten Tagung „E-Government in medias res“ zur EU-Datenschutzgrundverordnung im Rathaus zu sprechen zeigt, dass Bremen nicht nur in seinen engen politischen Stadtstaatgrenzen denkt. Interessante Vorträge dieser Tagung stehen unter http://www.finanzen.bremen.de/info/inmediasres zum Download zur Verfügung. Außerdem stellen die Grünen in Bremen mit der Finanzsenatorin Karoline Linnert die einzige Kommissarin für den Datenschutz auf Landesebene. Martin Hagen ist als Referatsleiter für E-Government bei der Senatorin für Finanzen ein anerkannter IT-Experte. Mit Imke Sommer hat das Land Bremen eine Landesdatenschutzbeauftragte, die vehement und öffentlich wahrnehmbar die roten Linien des Datenschutzes und der Informationsfreiheit verteidigt, insbesondere, aber nicht nur im Web 2.0.
Wie steht‘s um Bremens Präsenz im Internet?
Im vergangenen Jahr gab es einen Relaunch der Seite www.bremen.de, gestaltet von zwei Studenten der Hochschule für Künste Bremen. Die sukzessive Umstellung aller staatlichen Seiten Bremens ist beinahe abgeschlossen.
Bremen als Stadt und gleichzeitig Land der kurzen Wege, die Grüne Regierungsbeteiligung, die Expertise im netzpolitischen Bereich zusammen genommen mit unserem Anliegen, mehr Bürgerbeteiligung zu wollen, haben u. A. dazu geführt, dass der Bausenator ein Portal zur Mitgestaltung des Bremer Verkehrswegeplans ins Leben gerufen hat. Unter www.bremenbewegen.de ist ein äußerst niederschwelliges, optisch ansprechendes, sehr gut besuchtes Portal entstanden, in dem Bürgerinnen und Bürger Pins auf eine Landkarte setzen können, sortiert nach Relevanz für Fahrrad, Auto und ÖPNV. Der Flächennutzungsplan ist unter www.fnp-bremen.de ebenfalls Gegenstand einer Bürgerbeteiligungsstrategie, die die Bremer Grünen vorantreiben, ebenfalls das neue Landschaftsprogramm Bremens, www.lapro-bremen.de . Unter www.neues-hulsberg.de haben Bürgerinnen und Bürger eines Bremer Stadtteils die Möglichkeit, die Zukunft ihres Viertels aktiv mitzugestalten. Flankiert werden die angesprochenen Webseiten mit nicht-virtuellen Bürgerforen, in denen die Vorschläge besprochen und die zuständigen Behörden sich äußern.
Außerdem hat die Senatorin für Finanzen unter www.daten.bremen.de ein Open Data Portal entwickelt, welches schon über 100 Datensätze hat, was zur Zeit sicherlich eines der umfangreichsten in Deutschland ist. Dieses ergänzt das bereits seit Jahren bestehende Informationsregister (www.informationsregister.bremen.de), wo das Land Bremen Vorreiter in Sachen Informationsfreiheit ist.
Und in sozialen Netzwerken?
In Bremen tobt schon seit längerem eine heftige Diskussion, wie mit der Präsenz in sozialen Netzwerken, insbesondere Facebook durch staatliche Stellen umgegangen werden soll. Besteht Einigkeit über die datenschutzfeindliche Unternehmenspolitik Facebooks sowie darüber, dass eine EU-Datenschutzgrundverordnung der einzig wirklich gangbare Weg in Zeiten der globalen Vernetzung ist, gibt es einen Dissens, was daraus für den Staat in seiner Vorbildfunktion und in der Achtung seiner eigenen Gesetze folgt. Im Ausschuss für Wissenschaft, Medien, Datenschutz und Informationsfreiheit der Bremischen Bürgerschaft ist hierzu ein Beschluss gefasst worden, der aber bei weitem nicht Konsens in der Partei ist. Es geht um die schwierige Abwägungsfrage der Informationspflicht auf der einen und dem strikten Einhalten der Datenschutzbestimmungen auf der andere Seite. Ein Bericht darüber ist bei Radio Bremen unter www.radiobremen.de/mediathek/index.html?id=80886 zu finden.
Fanpages und Facebook-Fahndung – Was gibt es in diesem Zusammenhang aus anderen Ländern für Diskussionsansätze? Wir würden uns über entsprechende Kommentare hier freuen!
Und offenes WLAN?
Für Bremen ist wie für andere Großstädte die Versorgung des öffentlichen Raums mit kostenfreien WLAN-Zugängen ein interessantes „Add-On“ für alle sich in der Stadt bewegenden, und mit entsprechenden Geräten ausgestatten Menschen. Bremen steht aber ebenfalls vor der Situation, dass die Störerhaftung die Betreiber in eine rechtliche Grauzone abdriften lässt, im Zweifel für den Datenverkehr der Nutzerinnen und Nutzer verantwortlich zu sein. Hierzu gibt es eine Anfrage an den Senat, www.bremische-buergerschaft.de/drs_abo/Drs-18-276_S_04f.pdf, die auch eine Auflistung der Städte enthält, die öffentliches WLAN planen oder es sich bereits in der Umsetzung befindet. Bremen macht sich in diesem Zusammenhang auch stark für eine Reform der Störerhaftung, um öffentlich zugängliche WLANs zu ermöglichen.
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