Kaum ein Thema hat in den vergangenen Monaten so sehr die Gemüter erhitzt wie die Uploadfilter. Die Diskussion drehte sich sehr lang allein um die EU-Urheberrechtslinie und die Frage, ob diese eine (Indirekte) Filterplicht enthalte oder nicht. Kritiker warnten in diesem Kontext wiederholt davor, dass Filter längst auch in anderen Politikbereichen drohen, beispielsweise der Innen- und Sicherheitspolitik. So liegt, weitgehend unbemerkt von der Öffentlichkeit, seit langem ein Vorschlag der Europäischen Kommission auf dem Tisch, der die Entfernung terroristischer Online-Inhalte innerhalb von nur einer Stunde verlangt – eine derart knappe zeitliche Vorgabe, die auch angesichts der Vielzahl zu überprüfender Inhalte nur mit Hilfe von Filtern zu realisieren ist.

Als Grüne Bundestagsfraktion warnen wir bereits seit September letzten Jahres davor, dass der Vorschlag der EU-Kommission zu terroristischen Online-Inhalten weit übers Ziel hinaus schießt und es durch ein zu befürchtendes Overblocking zu negativen Auswirkungen auf die Meinungsfreiheit kommt. Wiederholt habe ich die Bundesregierung gefragt, ob sie meine Bedenken teilt und wie sie sich auf EU-Ebene positioniert.

Meine Frage vom 8. November 2018 im Wortlaut:

Welche Position wird die Bundesregierung, auch vor dem Hintergrund entsprechender Aussagen im Koalitionsvertrag zwischen CDU, CSU und SPD, gegenüber dem Vorhaben der EU-Kommission, Unternehmen zu einer Vorabfilterung von Onlineinhalten und einer Kontrolle auf gegebenenfalls „rechtswidrige terroristische Inhalte“ zu verpflichten, in den weiteren Verhandlungen einnehmen, und teilt die Bundesregierung meine Befürchtung, dass u. a. die Vorgabe, dass entsprechende, nicht näher definierte Inhalte innerhalb einer Stunde nach Kenntnisnahme zu entfernen sind, dazu führen könnte, dass es zu einem „Overblocking“ kommt, zumal derart kurze Fristen absehbar nur mit Hilfe des Einsatzes automatisierter Verfahren eingehalten werden könnten, die bislang jedoch höchst fehleranfällig sind?

Die Antwort der Bundesregierung:

Der Verordnungsvorschlag der Europäischen Kommission zur Verhinderung der Verbreitung terroristischer Onlineinhalte wird derzeit geprüft und eine Position der Bundesregierung auf der Grundlage der Beratungen in Brüssel erarbeitet. Die Bundesregierung wird darauf achten, dass der Verordnungsvorschlag verhältnismäßig ist, den notwendigen Bestimmtheitsanforderungen gerecht und die Rechtsstaatlichkeit gewahrt wird. Erforderlich ist bei allen Maßnahmen die angemessene Berücksichtigung der Meinungs- und Informationsfreiheit sowie der Medienfreiheiten. Im Übrigen adressiert der Koalitionsvertrag sog. Uploadfilter nur im Zusammenhang mit Urheberrechtsverletzungen.

Bewertung der Antwort der Bundesregierung:

Die Antwort der Bundesregierung ist natürlich bewusst nichtssagend, zur tatsächlichen Positionierung der letzten Monaten schweigt sich die Bundesregierung aus. Vorsorgend verweist man aber schon einmal darauf, dass die Absage im Koalitionsvertrag ja nur auf den Urheberrechts-Bereich gemünzt sei.

Grüne Positionierung auf Bundes- und Europaebene:

Als Grüne Bundestagsfraktion lehnen wir die Ausweitung von verpflichtenden Uploadfilter auf immer mehr Politikbereiche entschieden ab. Unsere Position habe ich in einem Gastbeitrag für die Deutsche Richterzeitung (DRiZ) vor Kurzem zusammengefasst, über den ich hier blogge. Auch die Fraktion der Grünen im Europäischen Parlament hat sich klar positioniert. Am heutigen Montag stimmt der Justizausschuss über die sogenannte #TERREG-Verordnung ab. Die bislang vorgesehenen Uploadfilter in Artikel 6 sollen laut den von den Fraktionen vorgelegten Kompromissen, zwar gestrichen werden, die einstündige Löschfrist soll jedoch bestehen bleiben – ohne, dass die Frage beantwortet ist, wie dies ohne Filter gehen soll. Die Fraktion der Grünen im Europäischen Parlament hat einen Alternativantrag (pdf) erarbeitet, der die 1-Stunden-Regel kippt. Leider sieht es derzeit, auch weil die Liberalen bislang an der 1-Stunden-Regel festhalten, so aus, als würde der grüne Antrag keine Mehrheit bekommen. Über den weiteren Fortgang des Verordnungsentwurfs werden wir Euch hier bestmöglich auf dem Laufenden halten.

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