Anerkennend und ein wenig optimistischer geht dieser Tage der netzpolitische Blick in die Niederlande und Belgien. Die Debatte des holländischen Parlaments zur Netzneutralität durch Festschreibung im Telekommunikationsgesetz ist mittlerweile auch in Deutschland wahrgenommen worden (Spiegel Online berichtete am 9. Juni). Zudem liegt dem belgischen Parlament ein Gesetzesentwurf  zur Netzneutralität vor, der im zweisprachigen Titel von „la neutralité du réseau“ und „netneutraliteit“ spricht.

Niederlande: netneutraliteit (1)

In die Niederlanden scheut man sich nicht, die historische Dimension der eigenen Netzneutralitäts-Initiative zu betonen. Wenn Martijn van Dam von der PvdA als einer der Initiatoren sagt, dass man die Freiheit des Internets wie einst vor 400 Jahren die Freiheit der Meere schützen will, wird die fatale Lethargie der Bundesregierung in Sachen Netzneutralität im europäischen Vergleich umso deutlicher. Die links-liberalen Oppositionsparteien GroenLinks, PvdA, SP und D66 haben mit ihrem Gesetzentwurf (PDF) zur Ergänzung des niederländischen Telekommunikationsgesetzes genau das vorgelegt, was Union und FDP bei der deutschen TKG-Novelle bisher trotz Anträgen aller Oppositionsparteien hartnäckig verweigern: eine gesetzliche Sicherung der Netzneutralität. Damit würde die Sperrung oder Verzögerung von Diensten illegal werden und Aufpreise für bestimmte Inhalte gesetzlich verhindert.

Die Abstimmung war für Dienstag den 14. Juni vorgesehen, ist aber um eine Woche verschoben worden.: Da die Initiatoren im Parlament über eine Mehrheit verfügen, darf gehofft werden, dass die Niederlande als erstes europäisches Land der chilenischen Entscheidung nachfolgen. Neuigkeiten dazu gibt es bei Bits of Freedom und auf Twitter unter dem schönen Hashtag #redhetnet. Außerdem ist es nie zu spät, dem zuständigen Minister für Wirtschaft, Landwirtschaft und Innovation mindestens einen aufmunternden Tweet unter @MaximeVerhagen zu schreiben.

Belgien: netneutraliteit (2), la neutralité du réseau

Wim Scharpé von der Kamerfractie CD&V (Christdemokraten in Flamen), hat uns auf den belgischen Gesetzentwurf aufmerksam gemacht, den Ihr hier im Wortlauf als PDF findet. Er bezieht sich auf die Regelungen der amerikanischen FCC — die leider immer noch auf das Inkrafttreten warten — und setzt an den bekannten Punkten an:

  • Transparenzvorgaben für das Netzwerkmanagement der Provider
  • deren Überwachung durch den nationalen Regulierer
  • Diskriminierungsfreiheit der Kommunikation: keine Blockaden und Verlangsamungen

Für eine Übergangszeit von fünf Jahren sollen im Mobilfunkbereich stärkere Eingriffe erlaubt sein, allerdings müssen Beschränkungen des Zugangs (accès integral à l’internet) ausgewiesen werden. Nicht nur die Erläuterungen zu den knapp gefassten Artikeln zeigen: Es geht doch! Denn wie in den Niederlanden soll das relevante Gesetz zur elektronischen Kommunikation ergänzt werden, u.a. um einen Artikel 68, der eine Definition der Neutralität des Netzes festlegt:

“neutralité du réseau”: l’exclusion de tout blocage du trafic internet, sauf dans les cas autorisés par
la loi ou lorsque des accords contractuels ont été pris à propos de ce blocage, et de toute discrimination à l ’égard du trafic internet en fonction de l ’expéditeur, du contenu, des applications et des services, du matériel et des logiciels utilisés, à moins que cette discrimination puisse être considérée comme une gestion raisonnable du réseau.

dt. etwa: „Netzneutralität“: der Ausschluss jedweder Blockade des Internetverkehrs, es sei denn, dass eine gesetzliche Autorisierung oder Vertragsvereinbarungen etwas anderes vorsehen; der Ausschluss jeder Diskriminierung des Internetverkehrs hinsichtlich des Absenders, von Inhalten, Anwendungen und Diensten, von verwendeter und Hardware und Software, abgesehen von Eingriffen, die als vernünftiges Netzwerkmanagement gelten.

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