Am 7. Februar 2011 fand im Innenausschuss des Bundestages eine öffentliche Anhörung zum DeMail-Gesetz statt. Leider sind die dort unterbreiteten, sehr konstruktiven Verbesserungsvorschläge  in dem nun von der Bundesregierung noch einmal vorgelegten Änderungsantrag zum eigenen Gesetzentwurf erneut nicht ausreichend aufgegriffen worden.

Aus diesem Grund haben wir uns dazu entschlossen, einen eigenen Entschließungsantrag zu De-Mail einzubringen, der die immer wieder geäußerte, massive Kritik am Gesetz zu bündeln sucht und konstruktive Verbesserungsvorschläge unterbreitet.

Grüne, SPD und Linke haben dem Antrag im Innenausschuss, der am gestrigen Mittwoch noch einmal über die vorliegenden Anträge von Koalition und Grünen beraten hat, bereits zugestimmt. Der Gesetzentwurf der Bundesregierung wurde hingegen von der Opposition geschlossen abgelehnt. Wir dokumentieren an dieser Stelle den genauen Wortlaut unseres Antrags. Die entsprechende Bundestagsdrucksache 17/4893 mit Begründung findet sich hier.

Der Bundestag wolle beschließen:

I. Der Deutsche Bundestag stellt fest:
Die Grundanliegen des De-Mail-Gesetzes sind unterstützenswert: Deutschland kann von vertrauenswürdiger Kommunikation und verbesserter Rechtssicherheit im elektronischen Geschäftsverkehr überdas Internet erheblich profitieren – sowohl in Verwaltung, Wirtschaft als auch bei der privaten Kommunikation. De-Mail ist als neues System besonders darauf angewiesen, dass der Dienst viele Nutzerinnen und Nutzer gewinnt. Bürgerinnen und Bürger sollen den Service gerne und freiwillig nutzen.

Der Umgang mit De-Mail muss gegenüber normalen Mails und Briefen deutliche Vorteile bieten. Vordiesem Hintergrund ist es die besondere Verantwortung des Gesetzgebers, Bürgerfreundlichkeit, maximaleSicherheit der Kommunikation und Rechtsverbindlichkeit zu garantieren. Anbieter von De-Mail-Diensten müssen attraktive, verbraucherfreundliche Angebote bereitstellen und fortwährend weiterentwickeln.

In der Anhörung zum Gesetzentwurf im Innenausschuss des Deutschen Bundestages am 7. Februar 2011 hat sich die massive, durch Bundesrat, Datenschutzbeauftragte, Verbände und Zivilgesellschaft wiederholt geäußerte Kritik am vorliegenden Gesetzentwurf bestätigt. Die Regelungen von De-Mail zur sicheren elektronischen Kommunikation sind maximal ein erster Schritt, in der Summe aber unzureichend.

II. Der Deutsche Bundestag fordert die Bundesregierung deshalb auf,
die berechtigte Kritik schnellstmöglich aufzunehmen, De-Mail zu korrigieren und

  1. eine Ende-zu-Ende-Verschlüsselung für De-Mail verpflichtend vorzusehen, um den Ansprüchen
    an Vertraulichkeit und Zuverlässigkeit einer innovativen Anwendung zu genügen,
  2. die Anbieter von De-Mail-Diensten zur bedienfreundlichen Integration einer Ende-zu-Ende-Verschlüsselung zu verpflichten,
  3. nachhaltig sicherzustellen, dass bei den Verkehrsdaten und Inhalten von De-Mail das Telekommunikationsgeheimnisgewahrt bleibt und Schutzlücken geschlossen werden,d) die Einheitlichkeit und Portabilität von De-Mail-Adressen zu garantieren,
  4. die pseudonyme Nutzung zu ermöglichen und damit den Selbstdatenschutz zu stärken,
  5. die Beweislast für den Empfang von Nachrichten in einem hochtechnischen System nicht auf die Bürgerinnen und Bürger abzuwälzen,
  6. eine verschärfte Handhabung der Zustellungsfiktion des Verwaltungsverfahrensgesetzes im digitalen Raum auszuschließen,
  7. klarzustellen, wann gewerbliche Nutzerinnen und Nutzer einen Zugang tatsächlich eröffnet haben,
  8. das maximale Porto einer De-Mail verbraucherfreundlich festzulegen,
  9. sicher zu stellen, dass Nutzerinnen und Nutzern bei Sperrung eines De-Mail-Postfaches keine Nachteile durch Nicht-Erreichbarkeit zugestellter Dokumente entstehen,
  10. eine Benachteiligung von Bürgerinnen und Bürgern, die De-Mail nicht nutzen wollen oder können, generell auszuschließen und die faktische Freiwilligkeit der Teilnahme zu sichern,
  11. De-Mail sinnvoll in eine kohärente IT-Gesamtstrategie des Bundes einzubetten, technik- und wettbewerbsneutral auszurichten und besser mit Signaturgesetz und dem elektronischen Verwaltungs-und Verfahrenspostfach abzustimmen,
  12. die Gefahr einer deutschen Insellösung durch Anpassung an europäische Normen für postalische Standards (CEN 15121/1+2) zu verhindern,
  13. in den Ausschuss zur De-Mail-Standardisierung Vertreterinnen und Vertreter von Daten- und Verbraucherschutzorganisationen und Nutzerinnen und Nutzer aufzunehmen,
  14. eine Evaluierung des De-Mail-Gesetzes und der Nutzung durch die Bevölkerung bereits zwei Jahre nach Inkrafttreten vorzunehmen und damit unabhängige Expertinnen und Experten zu beauftragen.

Berlin, den 22. Februar 2011
Renate Künast, Jürgen Trittin und Fraktion

Am heutigen 24. Februar 2011 wird De-Mail als Tagesordnungspunkt 14 von 21.55-22.35 Uhr in der abschließenden 2. und 3. Lesung im Bundestag debattiert werden. Auf den Seiten des Bundestages kann die Debatte im Livestream verfolgt werden.

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