Motiviert und geehrt, als Experte Politikern des Bundestags die eigene Sichtweise mitteilen zu können und die Chance zu haben, etwas Positives für Deutschland zu bewegen, traf ich im Unterausschuss Neue Medien des Bundestages auf eine versierte Gruppe an anderen Experten und Politikern, die offen für neue Ansätze waren und ohne direkte Parteiagenda sprachen. Ein Konsens lag in der Luft, dass Deutschland mehr Unternehmertum vor allem im Bereich IT und neuen Medien braucht, und es Mittel gibt, dieses Unternehmertum zu stimulieren. Die Politik kann dabei eine wichtige Rolle spielen, um neue Akzente und Rahmenbedingungen zu setzen.

Großer und akuter Nachholbedarf besteht im Risikokapitalbereich, der nur ein Hundertstel dessen beträgt, was in den USA zur Verfügung steht. Das hat zur Folge, dass wir keinen „Gründermarkt“ in Deutschland haben, so dass sich Gründerinnen und Gründer weder den Kapitalgeber wirklich aussuchen können noch Finanzierungen in wirklich frühen Phasen (Seed Phase) bekommen. Eine Lösung für die Erhöhung der Risikokapitalausstattung könnte sein, erfolgreiche Konzerne Teile Ihres Gewinns in Risikokapitalfonds fließen zu lassen. Eine Maßnahme, die tatsächlich durch ein Gesetz eingeführt werden kann. Länder wie Frankreich haben es vorgemacht.

Aber natürlich ist es nicht nur der finanzielle Aspekt, der in Deutschland verbessert werden muss. Vor allem brauchen wir eine positive Einstellung zum Unternehmertum, ein Vertrauen auf die Geschicke junger Entrepreneure und ein dynamischeres Miteinander von erfahrenen Experten, Investoren und Gründern. Zentral ist dabei der erfolgreiche und schnelle Wissenstransfer aus den Universitäten in die Unternehmensgründung hinein.

Unternehmer in ein positiveres Licht zu rücken, könnte auch eine Aufgabe der Medien sein: Weg von den Bildern der Patriarchen und rein kapitalistisch orientierten Ausbeutern hin zu verantwortungsbewussten, kreativen und arbeitsplatzschaffenden Machern. Eine Speerspitze, die Deutschland braucht und zu schätzen lernen muss, ja auf die sie sogar stolz sein sollte, ähnlich wie es in den USA der Fall ist. Letzteres ist natürlich ein Grundproblem der Deutschen, die eher neidvoll, skeptisch und missgünstig dem Erfolg anderer entgegenstehen. Gerne werden dabei auch Unternehmer mit Bankern und Managern in einen Topf geworfen.

Schließlich kann das Vertrauen in junge UnternehmerInnen und die intensivere Zusammenarbeit der relevanten Gruppen untereinander durch den Zulauf erfolgreicher Entrepreneure und Investoren aus einem internationalen Umfeld erhöht werden. Dazu müssten attraktive Programme und Rahmenbedingungen für neue Unternehmensgründungen in Deutschland geschaffen werden. Auf der persönlichen Seite könnten dies Vereinfachungen bei der Arbeitserlaubnis für nicht EU-Unternehmer inklusive ihrer Familien, aber auch Unterstützung beim „Housing“ sein. Auf der Firmenseite muss der Bürokratieaufwand reduziert werden, vor allem beim Einstellen und Entlassen neuer Mitarbeiter in den ersten Jahren der Gründung. Aber auch dem Abmahnwesen gehört Einhalt geboten, denn es hemmt sehr viele junge Gründerinnen und Gründer beim schnellen Wachstum.

Schließlich wäre eine Ansparabschreibung für die Einstellung zukünftiger Mitarbeiter interessant, so wie es mit Maschinen im produzierenden Gewerbe möglich ist — bei über 70% Dienstleistungsquote in Deutschland durchaus keine Randerscheinung. Ich hoffe, dass diese Diskussion in den Gremien weitergeführt und zu neuen Maßnahmen in Deutschland und Europa führen wird. Der intensive Austausch mit der Praxis sollte dabei weitergeführt, ja sogar erhöht werden.

Christian Schwarzkopf ist Projektleiter am Center for Innovation and Entrepreneurship des Karlsruher Institut für Technologie (KIT)

Dokumentation der Sitzung im Protokoll, Unterausschuss Neue Medien, 9.5.2011 und als Video:

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