Am 14. Dezember 2005 stimmte das Europäische Parlament für die Einführung der EU-Richtlinie zur Vorratsdatenspeicherung. Zum gestrigen 6. Jahrestag der Entscheidung fanden bundesweit Aktionen gegen die Vorratsdatenspeicherung statt. Bilder von der Aktion auf dem Pariser Platz vor dem Brandenburger Tor in Berlin findet Ihr bei netzpolitik. Einen Bericht über die Aktion in Berlin bei der digiges. Auch das Möllner Wahlkreisbüro von Konstantin hat sich an der Aktion beteiligt.

Heute haben sich insgesamt 33 Verbände und Organisationen aus Medien, Wirtschaft und Bürgerschaft gegen die Pläne einer Vorratsdatenspeicherung ausgesprochen und an Parlament und Bundesregierung appelliert, die vom Europäischen Parlament beschlossene Richtlinie zur Vorratsdatenspeicherung in Deutschland nicht umzusetzen. Die Übertragung der Richtlinie in deutsches Recht, so die Unterstützer des Appells, unter Ihnen auch der Bundesverband Deutscher Zeitungsverleger (BDZV), drohe unter anderem das gesetzlich verankerte Zeugnisverweigerungsrecht nachhaltig zu gefährden.

In der gemeinsamen Erklärung heißt es:

Das Bundesverfassungsgericht hatte die gesetzliche Regelung zur Vorratsdatenspeicherung im März 2010 für verfassungswidrig und nichtig erklärt, da sie unverhältnismäßig weit in das Grundrecht auf Schutz des Telekommunikationsgeheimnisses eingreife. Rechtsexperten erwarten, dass auch die europäische Richtlinie zur Vorratsdatenspeicherung vor dem Europäischen Gerichtshof keinen Bestand haben wird, weil sie gegen die europäischen Grund- und Menschenrechte verstößt. Gleichwohl will die EU-Kommission eine neuerliche Umsetzung dieser Richtlinie in Deutschland im Weg eines Vertragsverletzungsverfahrens erzwingen.

Vor diesem Hintergrund rufen die Organisationen und Verbände dazu auf:

  1. keinerlei verdachtslose Vorratsspeicherung von Informationen über jedes Telefonat, jede SMS, jede E-Mail oder jede Internetverbindung wieder anzuordnen,
  2. die Abweichung Deutschlands von der EU-Richtlinie 2006/24 zur Vorratsdatenspeicherung von der EU-Kommission genehmigen zu lassen und nötigenfalls die Genehmigung einzuklagen,
  3. die EU-Richtlinie zur Vorratsdatenspeicherung bis zur Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs über die Gültigkeit dieser Richtlinie und über den Genehmigungsantrag nicht umzusetzen, selbst wenn der Gerichtshof gegebenenfalls eine Geldbuße gegen Deutschland verhängen könnte,
  4. sich für eine Aufhebung der EU-Richtlinie zur Vorratsdatenspeicherung und für ein europaweites Verbot jeder verdachtslosen Vorratsspeicherung von Verbindungsdaten einzusetzen.

Weiter wird darauf verwiesen, dass zahlreiche Verbände und Organisationen bereits während des Gesetzgebungsverfahrens in Deutschland im Jahr 2007 wiederholt die negativen Auswirkungen der Vorratsdatenspeicherung kritisiert und unter anderem auf die Einschränkung der journalistischen Berichterstattungsfreiheit hingewiesen hätten. Die Speicherung aller Telefon- und Handyverbindungen sowie Internetzugriffe über sechs Monate störe die auf Vertrauen basierende Beziehung zwischen Journalist und Informant deutlich und könne Quellen versiegen lassen. Damit werde ein seriöser, investigativer Journalismus, der auf eine vor äußeren Eingriffen geschützte Informationsbeschaffung angewiesen sei, im Kern getroffen.

Hintergrund:
Am 24.03.2010, also unmittelbar nach dem Karlsruher Richterspruch, haben wir unseren Antrag „Keine Vorratsdatenspeicherungen über den Umweg Europa“ mit Hinweis auf Artikel 23 Absatz 3 des Grundgesetzes in den Bundestag eingebracht und die Bundesregierung aufgefordert, auf europäischer Ebene sämtlichen Vorhaben, die Vorratsdatenspeicherung vorsehen, energisch entgegen zu treten. Des Weiteren haben wir die Bundesregierung  aufgefordert, sich auf europäischer Ebene für eine vollständige Aufhebung der Richtlinie einzusetzen. Hier findet Ihr eine Übersicht unsere Aktivitäten zur Verhinderung der Wiedereinführung einer anlasslosen Vorratsdatenspeicherung.

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