An dieser Stelle möchten wir Euch auf eine interessante Veranstaltung der Heinrich-Böll-Stiftung aufmerksam machen. Unter dem Titel „Die Müllabfuhr im Internet“ beschäftigt sich die Stiftung mit der Frage, was eigentlich mit Bildern und Videos passiert, die von den sozialen Netzwerken nach oftmals selbst definierten Standards gelöscht und nicht länger veröffentlicht werden. Die Veranstaltung findet am 26. April, zwischen 19:00 und 22:00 Uhr in den Räumen der Heinrich-Böll-Stiftung, Schumannstr. 8 statt.
Täglich werden Millionen Bilder in die sozialen Netzwerke geladen, die wir nie zu Gesicht bekommen. Bilder von Gewalt und Pornographie, aber auch solche, die Facebook & Co schlicht als „unangemessen“ einstufen. Gesichtet und aussortiert werden die Fotos und Videos von Billiglöhner/innen auf den Philippinen. Als Christen können Philippinerinnen und Philippiner westliche Moralvorstellungen gut einschätzen, denken die Konzerne. Also sind es heute philippinische „Content Moderators“, die sich dem endlosen Strom der. Bilder aussetzen. Posttraumatische Belastungsstörungen der Angestellten werden als Kollateralschaden eingepreist. Die Passionsgeschichte des Internetzeitalters? Moritz Riesewiecks Lecture Performance basiert auf seiner Recherchereise nach Manila. Prof. Sarah T. Roberts konzentriert ihre Forschungen auf die neuen Formierungen von digitaler Arbeit und Produktion im postindustriellen Zeitalter.
Programm
19.00 – Lecture performance / Premiere
„Die Ausgelagerten“, Moritz Riesewieck
19.50 – Pause
20.00 – Vortrag
“Reconfigurations of digital labour – Commercial Content Moderation (CCM)“ –Sarah T. Roberts
20.20 – Paneldiskussion / „Die Müllabfuhr im Internet“
Mit:
- Moritz Riesewieck – Theaterregisseur
- Sarah T. Roberts – Assistant Professor Western University Ontario, Canada
- Geraldine de Bastion – Vorsitzende Digitale Gesellschaft e.V.
- Adrian Chen (tbc) – Freier Journalist, Gawker Media, Wired, NYTimes, The New Yorker (via Skype)
Moderation: Shelly Kupferberg
21.30 Q & A
22.00 Drinks
Sprachen: Lecture performance auf Deutsch, Vortrag und Diskussion auf Englisch
Zum Inhalt
Gewalt, Pornographie, verschiedenste Formen der „Perversion“ – in den großen sozialen Netzwerken im Internet sind solche Bilder so gut wie nie zu finden. Das verdanken wir nicht der Artificial Intelligence einer Bilderkennungssoftware. „Perverses“ Bildmaterial von tolerierbarem zu unterscheiden, ist im Zweifel eine knifflige Angelegenheit, die von keinem Algorithmus erfüllt werden kann. Outgesourct wird dieser Job vielmehr in eine Vorstadt von Manila auf den Philippinen. Als Christen können Philippinerinnen und Philippiner westliche Moralvorstellungen gut einschätzen, denken die Konzerne. Also sind es heute philippinische „Content Moderators“, die sich dem endlosen Strom der Bilder aussetzen. Posttraumatische Belastungsstörungen der Angestellten werden als Kollateralschaden eingepreist. Die Passionsgeschichte des Internetzeitalters?
Acht Stunden täglich sichten die „Content Moderators“ tausende Videos und Fotos von Sodomie, Pornographie, Vergewaltigungen oder Verstümmelungen, die weltweit hochgeladen werden, und sortieren diese aus, bevor wir, die Nutzer, sie zu Gesicht bekommen. Sie sind die „Müllabfuhr im Internet“. Selbst sind sie einer Flut von verstörenden Bildern ausgesetzt, die sich in den meisten Fällen nie wieder aus der Erinnerung löschen lassen. Als posttraumatische Belastungsstörung bemächtigen sich die Bilder ihrer Körper. Welche Regeln die jungen Philippinerinnen und Philippiner umsetzen, die ihren Daumen über die Fotos und Videos heben oder senken, die auf ihren Bildschirmen landen, das versuchen die amerikanischen Auftraggeber so undurchsichtig wie möglich zu halten.
Moritz Riesewieck hat sich ein Bild gemacht. Basierend auf einer aktuellen Recherche in Manila spinnt er in seiner Performance den Faden von den philippinischen Content Moderators zur christlichen Sündenlehre. Den wissenschaftlichen Rahmen zur Lecture performance liefert Sarah T. Roberts, Assistant Professor an der Western University, Ontario, Canada. Ihre Dissertation befasst sich mit dem Gegenstand „Hidden digital labour“ – ihre Forschungen konzentrieren sich auf den Bereich der digitalen Arbeit im postindustriellen Zeitalter.
Anmeldung:
Um Anmeldung per Mail wird gebeten. Weitere Informationen findet Ihr auf den Seiten der Böll-Stiftung.
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