In unregelmäßigen Abständen berichten wir in unserer Rubrik “Aus den Ländern” über Initiativen, Veranstaltungen und Debatten aus dem Bereich Innen- und Netzpolitik in den Bundesländern. Ebenso schreiben ab und an VertreterInnen aus den Ländern über aktuelle Initiativen. Am 2. März 2018 traf sich die Grüne Abgeordnetenhausfraktion im Heinrich-Hertz-Institut, um eine moderne Netzpolitik für die Hauptstadt zu diskutieren. An dieser Stelle berichten Silke Gebel und Stefan Ziller von einem Papier mit dem Titel „Digital für alle: Eine digitale Agenda für Berlin“, das die Fraktion von Bündnis 90/Die Grünen im Abgeordnetenhaus gerade vorgelegt hat.
Wie stellen Sie sich die Stadt der Zukunft vor? Ein fahrscheinloser Nahverkehr, der automatisch Fahrgelder per GPS vom Smart Wallet abbucht? Intelligente Mülleimer, die Bescheid funken, wenn sie geleert werden müssen? Und überall selbstfahrende Autos? Die „Smart City“ liegt nicht weit in der Zukunft, sie ist vielerorts – zumindest in Pilotprojekten – längst Realität. Die Frage, die wir uns als Politiker*innen im Zusammenhang mit Digitalisierung stellen müssen ist nicht, wie wir diese Fortschritte möglich machen. Die digitalen Innovation werden kommen. Dies gilt auch für unsere Start-Up-Hauptstadt Berlin. Doch dies entlässt uns nicht aus der Verantwortungen, den Wandel politisch zum Wohle der Allgemeinheit zu gestalten.
Die intelligente Stadt muss von ihrer Nutzerinnen und Nutzern her gedacht werden, nicht von den Nutznießenden. Das Netz hat uns in den vergangenen zwanzig Jahren einander näher gebracht, ja, uns neue Freiheiten geschenkt. Dies muss auch für die vernetzte Stadtgesellschaft gelten. Das bedeutet: demokratische Entscheidungsprozesse sind Grundvoraussetzung für ein gutes Zusammenleben in der Stadt der Zukunft. Dies ist keine leichte Aufgabe. Gerade ältere Menschen und solche aus sozial schwächer gestellter Haushalten fühlen sich durch den stattfindenden Wandel nicht mitgenommen und sehen ihre Arbeitsplätze bedroht. Kleine und mittelständische Unternehmen investieren statistisch deutlich weniger in digitale Technologien. Hier setzt grüne Politik an: wir arbeiten für die Teilhabe aller an der digitalen Revolution.
Unseren traditionellen Orten des Zusammenkommens und des Weiterbildens muss daher auch in der Digitalisierung eine zentrale Rolle zukommen, als Lernort und als Ort, an dem wir zusammen diskutieren, wie unsere gemeinsame Zukunft aussehen soll. Daher ist es entscheidend, dass gerade in Schulen, öffentlichen Bibliotheken und Volkshochschulen schnelles Internet und neueste Technologien vorhanden sind. Die Technik des 3D-Druckens etwa kann hier erleb- und nutzbar gemacht werden, so wie bereits heute in der Pablo-Neruda-Bibliothek in Berlin-Friedrichshain. Öffentliche Einrichtungen können ihre Türen für Interessierte öffnen, um etwa im Rahmen von Digital Summer Schools Weiterbildung zu ermöglichen. Zugleich begleitet die grün-geführte Wirtschaftsverwaltung mit der Digitalagentur kleinere Unternehmen dabei, zukunftsfähiger und vernetzter zu werden.
Wir wollen uns den politischen Herausforderungen der Digitalisierung stellen. Deshalb haben wir beschlossen, in einem partizipativen Prozess eine Digitale Agenda für Berlin entwickeln. Mit dieser soll Digitalisierung als Querschnittsaufgabe im Regierungshandeln verankert werden. Daten werden auch durch die öffentliche Verwaltung erhoben. Wo und wie sie genutzt werden, muss transparent sein, gleichzeitig kann ihre Nutzung die Verwaltung effektiver und besser machen. Deshalb wollen wir Berlin eine Open-Data-Richtlinie geben, die diese Prozesse regelt. Die digitale Verwaltung treiben wir so weiter voran. Bereits heute können erste Amtsvorgänge komplett online erledigt werden, aber dies kann nicht der Anspruch Berlins sein. Wir wollen ein Full-Service-Konto, in dem die einhundert häufigsten Prozesse ohne Gang zum Amt geschehen können.
Wo mit den Daten von Bürgerinnen und Bürgern umgegangen wird, besteht zu Recht die Erwartung an höchste Sicherheitsstandards. Dem Vorbild großer Tech-Unternehmen folgend möchten wir daher in Berlin ein Bug-Bounty-Programm ausloben, das Belohnungen für gefundene Sicherheitslücken zur Verfügung stellt. Gleichzeitig nehmen wir die Herausforderungen, vor die uns die neue EU-Datenschutzverordnung stellt, sehr ernst. Die Berlinerinnen und Berliner haben ein Recht darauf, zu erfahren, wie ihre Daten genutzt werden.
Denken wir an die Stadt der Zukunft, so müssen wir uns auch fragen, wie grün, wie ökologisch sie sein soll. Denn das Internet stellt immer größere Herausforderungen an die Umwelt. Jede Person, die online ist, erzeugt jährlich 1,17 Tonnen CO2. Die Datenzentren einer Suchmaschine verbrauchen ebenso viel Strom wie eine gesamte 200.000 Einwohnerstadt. Auch hier müssen wir nachbessern: Eine Klimaschutzvereinbarung mit dem IT-Dienstleistungszentrum Berlin (ITDZ) soll dabei helfen, Maßstäbe für den effizienten Einsatz erneuerbarer Energien – aber auch für die Nutzung möglichst fairer Rohstoffe in der Hardware – setzen.
Das komplette Beschlusspapier (pdf) findet Ihr auf der Website der Grünen Abgeordnetenhausfraktion.
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