Zum heute im Bundestag verabschiedeten Gesetzentwurf der Bundesregierung zur Anpassung des Urheberrechts an die Erfordernisse des digitalen Binnenmarktes erklärt Tabea Rößner, Sprecherin für Netz- und Verbraucherpolitik:
Das Urheberrecht muss modernisiert und fair ausgestaltet werden. Die europäische Urheberrechtslinie (Digital-Single-Market-Richtlinie) hat viele Tausende Menschen bewegt und stellt den deutschen Gesetzgeber vor die große Herausforderung, umfassende Neuregelungen umzusetzen und dabei alle Interessen von Rechteinhaber:innen, Nutzer:innen und Plattformen in einen angemessenen Ausgleich zu bringen. Wir Grüne begrüßen das Kernanliegen der Urheberrechtsreform, die Plattformen im neuen Urheber-Diensteanbieter-Gesetz (UrhDaG) zu verpflichten, grundsätzlich Lizenzen zu erwerben und für hochgeladene Inhalte ihrer Nutzer:innen Verkehrs- und Sorgfaltspflichten einzuhalten. Kreative sollen von einer angemessenen Vergütung profitieren, die auf Grundlage des Direktvergütungsanspruchs gerecht verteilt und wirtschaftlich auch tatsächlich ankommen soll. Die Nutzer: innenrechte auf Zugang zu digitalen Inhalten und die Wahrung der Kommunikationsfreiheit müssen gewahrt werden.
Wir halten den Ansatz der Bundesregierung für richtig, die Neuregelungen hinreichend zu konkretisieren, um für Rechtssicherheit und Klarheit zu sorgen und alle widerstreitenden Interessen ausreichend zu berücksichtigen. Die Umsetzung ist an einigen Stellen gelungen, an anderen Stellen bleiben Baustellen. Besonders kritisch sehe ich den verstärkten Einsatz von Uploadfiltern und die zu beobachtende kontinuierliche Zurückdrängung der Nutzer:innenrechte von Diskussions- bis zum heute beschlossenen Entwurf. Die von den Koalitionsfraktionen beschlossenen Kompromisse gehen deutlich zu Lasten des Zugangs zu legalen Inhalten. Die Nutzer:innenrechte geraten jetzt schwer ins Hintertreffen. Die Bagatellgrenze wird durch die Neuregelung als widerlegliche Vermutung praktisch unbrauchbar, zulässige Nutzungen wie Karikatur und Parodie müssen bezahlt werden, die notwendige Rechtssicherheit geht durch unbestimmte Rechtsbegriffe völlig verloren. Die vorgesehene Zeichenanzahl für Texte ist von 1000 auf 160 geschrumpft, da bleibt zum Vergüten nicht mehr viel übrig. Es geht um das Teilen kleinster Text, Ton und Videoschnipsel, was nicht kriminalisiert werden sollte.
Wir haben daher einen umfassenden Antrag mit Verbesserungen vorgelegt, der sicherstellen soll, dass alle Kreativen unabhängig von ihrer Position in der Lizenzkette oder ihres Bekanntheitsgrads ihre angemessene Vergütung auch tatsächlich erhalten. Vergütungsansprüche der Urheber:innen müssen auch bei der Verlegerbeteiligung oder bei Leistungsschutzrechten ausreichend gewährleistet werden. Zudem sind die Auskunfts- und Informationspflichten für die Nutzer:innen und klageberechtigte Verbände zu stärken. Letztlich haben wir an den wichtigsten Stellen die Schieflage für Urheber:innen und Nutzer:innen beseitigt und weitergehende Forderungen wie eine gesetzliche Grundlage für den Verleih von e-Books oder die gemeinfreie Nutzung von amtlichen Werken vorgelegt. Es gibt noch viel zu tun im Urheberrecht, damit es auch wirklich mit dem digitalen Zeitalter Schritt halten kann – zum Nutzen der gesamten Gesellschaft.

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