Der Richtlinienentwurf der EU-Kommission zur Bekämpfung des sexuellen Missbrauchs und der sexuellen Ausbeutung von Kindern sowie der Kinderpornographie, sieht u.a. die europaweite Einführung von Netzsperren, aber auch weitere neue Straftatbestände vor.
Natürlich sind wir Grüne überzeugte Europäerinnen und Europäer, ebenso aber auch engagierte Bürgerrechtlerinnen und Bürgerrechtler. Den von der EU-Kommission vorgelegten Richtlinienentwurf lehnen wir entschieden ab. Dies tun wir aus mehreren Gründen:

1) Die geplanten Regelungen, v.a. die Einführung von Netzsperren, verfehlen das Ziel eines wirksamen Schutzes von Kindern vor sexuellem Missbrauch und sexueller Ausbeutung. Die deutsche Debatte über Netzsperren sollte auch dem Letzten verdeutlicht haben, dass Sperren kein wirksames Mittel zum Schutz von Kindern sind. Im Gegenteil: Da sie Aktivität suggerieren, tatsächlich jedoch Placebo-Maßnahmen gefahren werden und strafbare Inhalte unverändert im Netz zugänglich bleiben, sind sie letztlich sogar kontraproduktiv. Aber das dürfte jedem hier bekannt sein. Dennoch will die Europäische Kommission den Deutschen Bundestag im Zuge der Richtlinie zur Einführung von Netzsperren verpflichten.

Statt Placebo-Maßnahmen fordern wir Grünen mit Nachdruck wirksame Maßnahmen zum Schutz von Kindern vor sexuellem Missbrauch. Umso enttäuschter sind wir von dem jüngsten Vorschlag der EU-Kommission. Enttäuscht sind wir aber auch von der Bundesregierung: Sie hat es gegenüber der EU-Kommission verpasst, die fraktionsübergreifende deutsche Ablehnung bezüglich der Einführung von Netzsperren unmissverständlich klarzumachen.

Ein Schelm wer Böses dabei denkt. Denn die Bundesregierung hat schon in der Vergangenheit gemeinsam mit der Kommission „über Bande“ gespielt und versucht, im Bundestag gescheiterte Vorhaben über den „Umweg Europa“ einzuführen. Das war so bei der Speicherung europäischer Fluggastdaten und bei der Richtlinie zur Vorratsdatenspeicherung. Jetzt soll das gleiche Spiel bei der Einführung von Netzsperren anscheinend wiederholt werden. Wir Grünen machen dieses Spiel nicht mit. Aus diesem Grund haben wir die Bundesregierung an den von ihr selbst vereinbarten Grundsatz „Löschen statt Sperren“ erinnert und einen Antrag mit dem Titel Sexuellen Missbrauch effektiv bekämpfen – Netzsperren in Europa verhindern gestellt. Über diesen wird der Bundestag in der kommenden Woche debattieren. Die Debatte könnt ihr am Donnerstag hier verfolgen.

2) Da wir davon ausgehen, dass die Kommission sowohl hinsichtlich der Einführung von Netzsperren, aber genauso auch bezüglich der in der Richtlinie vorgesehenen weiteren Strafvorschriften, mit der die Kommission weit über´s Ziel hinausschießt, keine Zuständigkeit hat, (Politikwissenschaftler und Juristen sprechen hier von einem Verstoß gegen den in den EU-Verträgen implizierten Grundsatz der Subsidiarität) und sie sich darüber hinaus nicht einmal die Mühe gemacht hat, ihren Regelungsanspruch inhaltlich zu begründen, was nach den europarechtlichen Vorgaben nach dem Inkrafttreten des Vertrags von Lissabon jedoch zwingend notwendig gewesen wäre, haben wir Grünen uns zu einem weiteren Schritt entschlossen: Wir werden in der nächsten Woche in den Fachausschüssen des Bundestages einen Antrag zur Abstimmung stellen, der die Kompetenzüberschreitung durch die Kommission kritisiert.

Warum tun wir das? Einerseits natürlich, weil wir Netzsperren ablehnen. Andererseits aber auch, da das Bundesverfassungsgericht in seiner Entscheidung zum Lissabon-Vertrag dem Bundestag aufgetragen hat, sorgfältig darauf zu achten, dass die Union sich nicht in Bereiche einmischt, die auf nationaler Ebene hinreichend geregelt werden können. Das Strafrecht ist als ein solch besonders sensibler Bereich anerkannt. Daher ist hier die Wachsamkeit des Bundestages besonders gefordert

Eine Subsidaritätsrüge ist zweifellos ein scharfes Schwert. Auch aus diesem Grund ist unsere Initiative der erste Antrag dieser Art im Deutschen Bundestag.

Wir fordern alle anderen Fraktionen des Bundestages auf, sich unserer Subsidaritätsrüge anzuschließen und so die gewachsenen demokratischen Rechte des Parlaments nach dem Inkrafttreten des Vertrags von Lissabon gegenüber Brüssel wahrzunehmen.
Über den weiteren Verlauf der Subsidiaritätsrüge halten wir Euch hier auf dem Laufenden.

Weitere Infos zum Thema auch hier.

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