Am 13. Oktober twitterte Matthi Bolte, innenpolitischer Sprecher der grünen Fraktion im Landtag von Nordrhein-Westfalen folgendes:
„Gute Nachricht: Der Chef der Staatskanzlei NRW hat heute erklärt, dass der neue Entwurf für den GlüStV keine Netzsperren enthalten wird.“
Schnell machte die Nachricht die Runde und wurde von verschiedenen Medien aufgegriffen. In der Tat scheint es derzeit so, dass sich die Vertreter der Staatskanzleien mittlerweile darauf verständigt haben, dass im zukünftigen Entwurf eines Glückspielstaatsvertrags (#GlüStV) auf das Mittel der Netzsperren verzichtet wird. Wir freuen uns, wenn es tatsächlich so kommt, denn dies wäre zweifellos sehr erfreulich. Dennoch ist zunächst noch Vorsicht geboten. So wurde zwar schon vor geraumer Zeit – zumindest hinter vorgehaltener Hand – vermutet, dass zukünftige Entwürfe keine Netzsperren mehr enthalten könnten, gleichzeitig liegt aber auch heute noch immer kein neuer Entwurf vor.
Nachdem der aktuelle Glücksspielstaatsvertrag Ende dieses Jahres ausläuft, verhandeln die Ministerpräsidenten seit langem über einen neuen Staatsvertrag. Geprägt wurden die Verhandlungen unter anderem durch ein Urteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH), das für Deutschland eine kohärenten Regelung sämtlicher Glücksspiele anmahnt. In den bisher bekanntgewordenen Vertragsentwürfen wurde immer wieder auf das umstrittene Mittel von Netzsperren zurückgegriffen.
In der letzten Fassung des Glückspielstaatsvertrags vom 4. April, der auf einem Treffen der Ministerpräsidenten vom 6. April beraten wurde, waren in § 9 Abs. 1 Nr. 5 auch Netzsperren vorgesehen. Dort hieß es:
„Die zuständige Behörde des jeweiligen Landes kann […] Diensteanbietern im Sinne des Telemediengesetzes, insbesondere Zugangsprovidern und Registraren, nach vorheriger Bekanntgabe unerlaubter Glücksspielangebote die Mitwirkung am Zugang zu den unerlaubten Glücksspielangeboten untersagen. Das Grundrecht des Fernmeldegeheimnisses (Artikel 10 des Grundgesetzes) wird insoweit eingeschränkt. Hierdurch sind Telekommunikationsvorgänge im Sinne des § 88 Abs. 3 Satz 3 des Telekommunikationsgesetzes betroffen.“
Am 9. Juni trafen sich die Ministerpräsidenten der Länder zuletzt, um – so war zumindest der Plan – abschließend über den Glückspielstaatsvertrag zu beraten. Darüber, ob nach wie vor auch ein Passus, der das Sperren von illegalen Anbietern weiterhin ermöglicht, Teil des Vertragswerk war, herrschte Unklarheit.
Die grünen FachpolitikerInnen der Bundesländer hatten sich im Vorfeld der Beratungen auf Initiative der grünen Bundestagsfraktion auf eine gemeinsame Stellungnahme zum Glückspielstaatsvetrag geeinigt, in der sie dem Instrument Netzsperren eine klare Absage erteilten und mögliche Alternativen hierzu aufzeigten. Denn für uns Grüne war von vornherein klar: Netzsperren sind für uns in keinster Weise tragbar. Wir Grünen lehnen das Sperren von Inhalten im Internet aus vielerlei Gründen seit Jahren ab und haben uns immer wieder deutlich für den Grundsatz „Löschen statt sperren“ ausgesprochen.
Hauptschauplatz der Debatte war die Diskussion um das Zugangserschwerungsgesetz, das u.a. das Sperren von Internetseiten, die sexuellen Missbrauch von Kindern und Jugendlichen zeigen, vorsah. Hier haben wir uns mit Bezug auf die leichte Umgehbarkeit von Sperren und angesichts der Tatsache, dass die Darstellungen im Netz verbleiben und das Sperren von Seiten letztlich sogar kontraproduktiv wirkt, vehement gegen das Sperren und für die effektive Löschung entsprechender Inhalte eingesetzt.
Im Zuge der Debatte um die Sinnhaftigkeit von Sperren auf diesem Gebiet wurde auch immer wieder die Befürchtung geäußert, Sperren könnten – einmal etabliert – auch auf andere Bereiche ausgedehnt werden. Dies wurde von den Sperrbefürwortern immer wieder vehement bestritten. Heute wissen wir: Diese Befürchtungen waren ganz offensichtlich angebracht.
Umso mehr freuen wir uns, dass sich die grüne Position, für die wir mit den anderen Oppositionsparteien, aber auch in sehr guter Zusammenarbeit mit vielen Bürgerrechtsgruppen gestritten haben, nun auch offensichtlich im Bereich Online-Glückspiel letztendlich durchgesetzt hat. Es freut uns sehr, dass die Ministerpräsidenten sich nun offenbar darauf besonnen haben, dass es weitaus sinnvoller ist, sich statt für die Etablierung einer Sperrinfrastruktur, für tatsächlich effektive Instrumente einzusetzen, um so das Angebot illegaler Wett-Angebote effektiv zu unterbinden.
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