Gestern fand im Bundestag eine Debatte zu Potenzialen der digitalen Wirtschaft statt [Anträge Union und SPD  18/764 und Die Linke 18/771]. Für uns redete Tabea Rößner und kritisierte, dass der Breitbandausbau zwar ein wichtiger Bestandteil der sogenannten „Digitalen Agenda“ der Bundesregierung sei, die Maßnahmen aber mehr als dürftig seien. Außerdem beschäftigte sie sich mit Gründungsbedingungen in der Kreativwirtschaft und der sozialen Lage von Kreativen. Wir dokumentieren hier ihre Rede. Es gilt das gesprochene Wort.

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Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren,

wenn man ein Symbolbild für die digitale Kompetenz der großen Koalition bräuchte, wäre dies ein herausgezogener LAN-Stecker. Den bekam man nämlich am Montagnachmittag, Punkt 15 Uhr, zu sehen, wenn man gerade dabei war, im Internet die Pressekonferenz der Minister Gabriel, DeMaiziere und Dobrindt auf der CEBIT zu verfolgen.

Da stellen sich die drei Minister hin und wollen Einigkeit und Kompetenz demonstrieren und nach einer halben Stunde wird ihnen der Stecker gezogen. Die Leitung für den Stream war nicht lang genug gebucht! Soviel zur vereinten Internet-Kompetenz der Minister – in Sachen Netzpolitik schaut man bei der GroKo in die Röhre.

Aber selbst – als der Stream noch lief – redeten die drei Minister viel und sagten wenig.

Minister Dobrindt blieb beim Breitbandausbau im Vagen, wie Sie in Ihrem Antrag auch. Das Ziel, flächendeckend 50 MBit/s bis 2018, klingt gut, sehr gut. Aber schon 2011 hatte die Bundeskanzlerin Highspeed-Internet für drei Viertel aller Haushalte versprochen – bis 2014. Jetzt haben wir 2014, aber kein Highspeed-Netz. 2018 ist also das neue 2014 – ist es eigentlich Zufall, dass Sie als Zeitpunkt immer das Jahr NACH einer Wahl nennen?

Das Ziel ist klar. Wie Sie es erreichen wollen, ist es aber nicht. Ein Kaffeeklatsch mit der Telekommunikationswirtschaft hilft da auch nicht weiter. Noch immer ist kein Geld da. Auf die Erlöse einer weiteren Digitalen Dividende zu setzen, ist nur scheinbar eine Lösung. Es ist völlig unklar, ob es überhaupt hohe Einnahmen gibt. – Das ist ungefähr so, als wenn ich mein Eigenheim mit einem zukünftigen Lottogewinn finanzieren will – das ist unseriös und planlos!

Immerhin – zwei Hoffnungsschimmer gibt es im Antrag: Netzneutralität soll gesetzlich festgeschrieben werden, und es sollen klare Haftungsregelungen für die Verbreitung von lokalen und offenen WLAN-Netzen geschaffen werden. Beides darf nicht halbherzig geschehen, wäre aber ein echter Fortschritt. Auf die konkrete Umsetzung bin ich schon sehr gespannt!

Ich möchte noch auf einen zweiten Aspekt eingehen: den der Kreativwirtschaft. Ich fand es bezeichnend, dass Sie die „Gründer von heute“ als den „Mittelstand von morgen“ bezeichnen. Die Wahrheit ist doch, dass viele Gründungen und viele Kreative im digitalen Bereich Kleinstunternehmer sind und bleiben. Allein oder in kleinen Teams haben sie ganz andere Sorgen, als der zukünftige Mittelstand. Das beginnt damit, dass sie für die Gründung kein großes Risikokapital benötigen, sondern eher eine kleine Anschubfinanzierung. Hier könnten Mikrokrediten schnell und wirksam helfen.

Ebenso mangelt es oft einfach am Platz, an Räumen fürs eigene Unternehmen. Diese Probleme betreffen besonders Unternehmen rund um die Kreativwirtschaft. Und für die haben Sie auch sonst nichts im Angebot.

Keine konkreten Angaben, wie sie dringend notwendige Reformen im Urheberrecht, im Urhebervertragsrecht oder bei der Künstlersozialkasse angehen wollen.
Mir fehlt ein Signal, das den Kreativen, den Einzelkämpfern und Kleinstunternehmern – frei nach dem britischen Künstler Astley – – sagt: —- Wir werden Euch niemals aufgeben, niemals im Stich lassen, verletzen oder verlassen!
Ich kann mich, liebe SPD-Kollegen, an einen Antrag aus der letzten Legislaturperiode zum Kreativpakt 2020 erinnern. Da waren Sie schon deutlich weiter als heute. Warum also so zögerlich?

Agenda, meine Damen und Herren, heißt wörtlich übersetzt: „Das zu Tuende“. Wenn es bei den vielen vagen Andeutungen – ohne Konzepte dahinter – bleibt, werden Sie sich mit ihrer Digitalen Agenda jedenfalls nicht überarbeiten.

Vielen Dank!

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