Mit Big Data kommt es in der digitalen Plattformökonomie aufgrund von Netzwerkeffekte zunehmend zu einer Marktkonzentration auf wenige große Internetkonzerne. Hier verstärken sich Markt- und Datenmacht wechselseitig: Die führenden Plattformen gewinnen immer mehr Mitglieder, die ohne Austausch- und Wechselmöglichkeiten immer abhängiger von dem Angebot sind. Wenige Konzerne hinter den Plattformen gewinnen so immer mehr Wissen über immer mehr Nutzer. Mit dem Profit daraus erschließen sie neue Geschäftsfelder oder sie kaufen kleinere Mitbewerber schlichtweg auf, so dass ihr Nutzerkreis und zugleich auch ihre Datenmacht wiederum anwachsen. Gerade die algorithmische Analyse in der Zusammenschau unterschiedlicher Datenprofile führt zu immer aussagekräftigeren und damit wertvolleren Aussagen über Personen.

Doch unser heutiges Wettbewerbs- und Fusionsrecht mit seinen klassischen Marktparametern erfasst diese Problematik digitaler Markt- und Datendynamik nur noch äußerst schwer. In Fachgesprächen und Anträgen haben wir immer wieder an einer Modernisierung gearbeitet und auch der grüne Bundesverband hat in einem Parteitagsbeschluss eine solche Reform gefordert: Für einen fairen Wettbewerb und einen starken Verbraucher- und Datenschutz in Zeiten der Plattformökonomie.

Ein Paradebeispiel für diese Problematik ist die umstrittene Fusion von Whatsapp und Facebook. Zum einen, weil hier teils hochsensible personenbezogene Daten auf beiden Seiten erhoben werden und zum anderen, weil Facebook der Whatsapp-Kundschaft gerade mit Blick auf den Datenschutz weitaus schlechtere Nutzungsbedingungen anbot. Gegenüber Facebook haben Datenschutzbeauftragte und auch wir in mehreren Gesprächen auf Transparenz gedrungen. Denn offensichtlich scheuten viele Whatsapp-Kunden die Zwangsbeglückung, mit ihrem Kommunikationsverhalten unter Facebooks Dach zu kommen. Nun hat die Europäische Kommission nach langem Zögern ein Bußgeld verhängt, hier findet Ihr die gemeinsame Pressemitteilung mit meiner Kollegin Katharina Dröge.

Facebook und WhatsApp entflechten!

Anlässlich der Medienberichte über die Verhängung eines Millionen-Bußgeldes gegen Facebook wegen der WhatsApp-Übernahme erklären Katharina Dröge, Sprecherin für Wettbewerbspolitik und Konstantin von Notz, stellvertretender Fraktionsvorsitzender:

Die EU-Kommission versucht jetzt Schadensbegrenzung. Doch im Fusionsfall von WhatsApp und Facebook war sie schlicht naiv. Sie hat auf unverbindliche Zusagen von Facebook vertraut. Nun wird offensichtlich, worum es Facebook bei der Fusion die ganze Zeit ging: Um die Zusammenführung von Nutzerdaten. Die Kommission hat völlig unterschätzt, welche Marktmacht daraus erwächst und welche negativen Konsequenzen die Fusion für die Verbraucher hat.

Direkt nach der Fusion hat Facebook per AGB-Änderung die Rechte seiner Nutzerinnen und Nutzer weiter abgeschwächt. Für Verbraucherinnen und Verbraucher gilt bei den AGB von Facebook und WhatsApp: Friss oder stirb. Sie haben kaum Wechselmöglichkeiten, und das hat Facebook gnadenlos ausgenutzt. Dabei zeigt das Nutzerverhalten: Gerade hier wollten viele Menschen ungern ihre persönliche Daten preisgeben.

Dass die Kommission jetzt bei der so kritischen Zusammenführung immenser Datenbestände aufwacht, ist überfällig. In Zeiten von Big Data äußert sich Marktmacht immer stärker als Informationsmacht weniger Internetkonzerne – auf Kosten von Wettbewerb und Datenschutz. Doch Geldbußen helfen hier nur kurzfristig. Die richtige Konsequenz der Täuschung von Facebook im Fusionsverfahren wäre Entflechtung, also die Trennung von beiden Diensten.

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