Seit langem besteht eine erhebliche Rechtsunsicherheit bezüglich des Umgangs mit digital gespeicherten Inhalten im Todesfall. Hierauf habe ich bereits in einem Interview im Mai 2016 hingewiesen.

Zum postmortalen Persönlichkeitsschutz gibt es eine relativ ausführliche Rechtsprechung. Sie besagt, grob vereinfacht: Die unmittelbaren Rechte von Personen erlöschen mit ihrem Tod und die Erben treten an ihrer statt. Dies betrifft Inhalte, die auf der Festplatte, dem Computer und in Sicherungen, die physisch vorgehalten werden.

Die Frage, auf welche Daten und Informationen von Verstorbenen, die auf den Servern Dritter liegen, Erben zugreifen können und dürfen, war bislang weitgehend ungeklärt. Sie ist in unserer zunehmend digitalisierten Welt und angesichts der steigenden Verbreitung von Cloud-Diensten jedoch von ganz erheblicher Relevanz.

Das heutige Urteil schafft diesbezüglich etwas mehr Klarheit. Es stellt klar, dass Erben auf die Konten von Angehörigen in sozialen Netzwerken zugreifen dürfen und verpflichtet die Anbieter zur entsprechenden Kooperation. Die Rechte von Dritten, mit denen der oder die Verstorbene kommunizierte, stehen somit hintenan.

Das ist insofern nicht unproblematisch, als dass sich hierdurch datenschutzrechliche Problematiken ergeben, zum Beispiel dadurch, dass so auch die Kommunikationen des Verstorbenen von und mit Dritten den Erben bekannt werden. Auf diese Problematik hat unter anderem Prof. Caspar gerade nochmal aufmerksam gemacht.

Das Urteil macht somit auch noch einmal deutlich, dass, wer nicht will, dass seine private Kommunikation, seine Fotos und sämtliche Angaben zu persönlichen Ansichten und Vorlieben den Verwandten nach dem Tod  zur Kenntnis gelangen, diese rechtzeitig vor dem Tod löschen muss.

Das Urteil schafft bezüglich dieses Punktes also zweifellos mehr Rechtssicherheit. Gleichzeitig beleuchtet es nur einen kleinen Ausschnitt der gesamten Problematik des Umgangs mit digitalen Inhalten von Verstorbenen. Die Frage etwa, was beispielsweise mit in Cloud-Diensten gespeicherten, oftmals höchstpersönlichen Inhalten wie Fotos und Videos im Todesfall geschieht, ist rechtlich weiterhin weitgehend ungeklärt. Gleiches gilt für online gekaufte, digitale Inhalte. Diese sind heute in der Regel nicht vererbbar. Aber das ist ein anderes Thema, das wir hier näher beleuchten.

Bezüglich all dieser Fragen sind die in Trauer befindlichen Angehörigen somit häufig auf den guten Willen der Unternehmen angewiesen. Hier bleibt der Gesetzgeber in der Verantwortung, für die nötige Rechtsklarheit zu sorgen.

Vor diesem Hintergrund ist insgesamt zu empfehlen, dass sich Menschen früh genug mit diesen in unserer digitalen Gesellschaft immer wichtiger werdenden Fragen beschäftigen und sich Gedanken über ihren digitalen Nachlass machen. Es sollte sich also jeder selbst überlegen, ob er will, dass die Erben Zugang zu sämtlichen Daten wie Fotosammlungen, E-Mails, digitale Tagebücher oder Chat-Protokolle bekommen.

Für diejenigen die wollen, dass die Hinterbliebenen Zugang erhalten, ist es ratsam, rechtzeitig Vorkehrungen zu treffen, indem Passwörter von Accounts aktuell geführt und die notwendigen Informationen für die Hinterbliebenen an sicherer und vor allem bekannter Stelle verwahrt werden. Für wen das nicht in Frage kommt, der sollte unbedingt entsprechende Daten, bei denen er nicht will, dass die Erben Kenntnis von Ihnen erlangen, entweder rechtzeitig löschen oder so sichern und gegebenenfalls verschlüsseln, dass sie nach dem Tod nicht eingesehen werden können.

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