Gestern beriet das Plenum des Deutschen Bundestages über einen Gesetzesentwurf der SPD-Fraktion zur Änderung des Telemediengesetzes (TMG). Der Gesetzentwurf sieht vor, in § 13 des Telemediengesetzes (TMG) folgenden Absatz einzufügen. Durch diese Neuregelung will die SPD die Bundesregierung dazu bringen, die sogenannte E-Privacy-Richtlinie umzusetzen. An dieser Stelle dokumentieren wir meine gestrige Protokollrede zu dem Tagesordnungspunkt.
Bei Protesten gegen die Neonazi-Aufmärsche am 19. Februar 2011 in Dresden ist es nach Polizeiangaben zu Ausschreitungen und mehreren Fällen des schweren Landfriedensbruches gekommen. Zur Ermittlung der Täter wurden im Rahmen einer nicht-individualisierten Funkzellenabfrage etwa eine Millionen Datensätze von Anwohnern, Demonstranten und auch von Abgeordneten erhoben. Alle Telefonverbindungsdaten der Personen, die sich am 19. Februar zwischen 12 und 18 Uhr in der Dresdner Südvorstadt aufhielten, wurden von der Polizei auf Antrag der Staatsanwaltschaft und Genehmigung des Amtsgerichts erfasst, gespeichert und ausgewertet. Bei Weitem kein Einzelfall. In einer Kleinen Anfrage haben wir uns nach der Position der Bundesregierung erkundigt. Nachdem diese keinen Handlungsbedarf sah, haben wir Grünen einen Gesetzesentwurf vorgelegt. Dieser ist neben einem weiteren Gesetzesentwurf der Linken in Kürze Gegenstand einer Anhörung des Rechtsausschusses, zu der sich Interessierte jetzt anmelden können.
Missstände in Unternehmen oder Institutionen werden in vielen Fällen erst durch Hinweise einzelner Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter (sogenannter „Whistleblowern“) aufgedeckt. Dennoch drohen Beschäftigten, die solche Missstände publik machen, häufig arbeits- und dienstrechtliche Konsequenzen. Hierdurch entsteht für Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ein Gewissenskonflikt, der durch die gesetzliche Verankerung des Whistleblower-Schutzes aufgelöst werden kann. Als Bundestagsfraktion Bündnis 90/Die Grünen reagieren wir auf dieses Schutzbedürfnis und wollen in Kürze eine eigene Gesetzesvorlage zur Verbesserung des Schutzes von Hinweisgeberinnen und Hinweisgebern in den Bundestag einbringen, die Änderungen sowohl im Arbeits- als auch im Beamtenrecht vorsieht. Am 30.11.2011 veranstaltet die Grüne Bundestagsfraktion ein öffentliches Fachgespräch zum Schutz von Whistleblowern und lädt alle Interessierten hierzu ein.
Bei netzpolitik.org läuft gerade eine sehr interessante Diskussion darüber, ob es sich bei den Änderungen des Entwurfs des TKG durch die Regierungskoalitionen um den Versuch handelt, eine "Vorratsdatenspeicherung durch die Hintertür" einzuführen. Die Aussage von Manuel Höferlin (FDP), bei der jetzigen Formulierung des § 97 Abs. 4 TKG handele es sich um den Stand der TKG-Novelle aus dem Jahr 2004, macht die Widersprüche in der Debatte noch größer. Daher hier eine kurze Analyse der Geschehnisse und Diskussionen der letzten Wochen und Monate.
Eine aus netzpolitischer Perspektive wieder rappenvolle Sitzungswoche steht bevor. An dieser Stelle weisen wir Euch auf die wichtigsten Sitzungen und Debatten hin. Am Montag geht’s gleich los mit Sitzungen der Projektgruppen der Enquete-Kommission „Internet und digitale Gesellschaft“ und einer Sitzung des Unterausschusses Neue Medien des Bundestages, der sich über die "Datensicherheit bei facebook und anderen sozialen Netzwerken" austauscht. Was sonst noch in dieser Woche auf der Tagesordnung des Bundestages steht, könnt Ihr hier nachlesen.
Am 1. Juli 2011 fand im Bundestag eine Aktuelle Stunde zur "Einschränkung des Versammlungsrechts durch Massenfunkzellenabfrage" statt. Bei dieser Gelegenheit kündigte Jerzy Montag für die Grünen an, einen Vorschlag vorzulegen, wie die Strafprozessordnung geändert werden muss, damit sich derartige Vorfälle nicht wiederholen können. Der nunmehr vorgelegte Gesetzentwurf wird bereits im Netz diskutiert und auf Antrag der Grünen heute auch im Bundestag debattiert. Die Debatte dazu kann ab ca. 13.50 Uhr im livestream verfolgt werden.
Im Februar 2011 wurde bei Demonstrationen in Dresden wegen des Verdachts auf die Begehung von Straftaten ermittelt. Den Ermittlungsbehörden wurden dabei im Rahmen von Funkzellenabfragen über eine Million Datensätze von Handynutzerinnen und -nutzern übermittelt. Das betraf Demonstrantinnen ebenso wie Anwohner, Journalisten wie Politikerinnen. Nachdem wir eine Kleine Anfrage an die Bundesregierung gestellt hatten und deutlich wurde, dass die Bundesregierung keinen gesetzgeberischen Handlungsbedarf sieht, haben wir nun einen Gesetzesentwurf in den Bundestag eingebracht, der zum Ziel hat, Funkzellenabfragen rechtsstaatlich und bürgerrechtskonform zu begrenzen.
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