Derzeit sind, nachdem Innenminister Friedrich bereits in der letzten Woche mit einem Vorstoß für mehr Videoüberwachung des öffentlichen Raums von sich reden gemacht hat, zwei weitere Vorschläge des Innenministers Gegenstand der innen- und netzpolitischen Disskussion. Einerseits die Meldepflicht für Unternehmen bei IT-Angriffen, andererseits die Vorschläge des Innenministers bezüglich einer Neuregelung der Bestandsdatenauskunft. Beide Vorschläge zeugen von einem tiefen Misstrauen gegenüber dem Internet als zentralem Kommunikationsraum unserer Zeit geprägt. Inhaltlich legen sie falsche Schwerpunkte. Für die Freiheit und Sicherheit der Nutzerinnen und Nutzer, die der Innenminister in diesem Zusammenhang immer betont, ist wenig gewonnen - im Gegenteil.
Die Ermordung eines jungen Mannes am Berliner Alexanderplatz hat eine Diskussion über die Ausweitung der Videoüberwachung des Öffentlichen Raums in Deutschland ausgelöst. Innenminister Friedrich steht angesichts seiner miserablen Bilanz mit dem Rücken zur Wand. Jetzt rettet er sich in einen Populismus von vorgestern. Ausgerechnet die Überwachung der Öffentlichkeit durch Videokameras soll es nun richten. Verfassungsminister Friedrich setzt nun mit der Videoüberwachung auf ein Instrument aus der sicherheitspolitischen Mottenkiste, das nur zum Preis des weiteren Bürgerrechteabbaus realisierbar ist.
Derzeit findet auf Einladung des Bundesministeriums des Inneren eine internationale Datenschutzkonferenz statt. Der Innenminister hat die vor über drei Jahren begonnene EU-Datenschutzreformdebatte aus ideologischen Gründen bisher ignoriert. Jetzt steht er vor einem Scherbenhaufen: Die Mehrzahl der Mitgliedstaaten will eine Reform und diskutiert bereits konkret einen ambitionierten Entwurf. Wir fordern den Innenminister seit langem, auch in Anträgen, dazu auf, konstruktiv am Entwurf der Kommission mitzuarbeiten und sich endlich für einen effektiven Grundrechtsschutz der Bürgerinnen und Bürger zu engagieren. Denn wer in den Zeiten von Cloud Computing und Co. noch immer glaubt, man könne einen effektiven Persönlichkeitsrechtsschutz allein auf nationaler Ebene durchsetzen, hat die Auswirkungen des digitalen Wandels schlicht nicht verstanden.
Festern haben sich die EU-Innenminister darauf verständigt, die innerhalb der Europäischen Union anfallenden Flugastdaten nicht nur fünf Jahre zu speichern, sondern sie auch rastern zu wollen. Nach EU/USA-Fluggastdatenabkommen, Diskussion um Vorratsdatenspeicherung und SWIFT sowie zahlreicher anderer Projekte, wird das Ausmaß des zunehmenden EU-Überwachungswahns durch die jetzige Diskussion um das EU-Fluggastdatenabkommen einmal mehr sichtbar. Die jetzgen Pläne sind der traurige Höhepunkt einer eindimensionalen, am Generalverdacht ausgerichteten Politik. Angesichts der Gesamtentwicklung bleibt es vordringliches Ziel der grünen Netz- und Innenpolitik, verloren gegangene Freiheitsräume zurückzugewinnen und die Freiheitsrechte der Bürgerinnen und Bürger aktiv zu stärken.
Die grüne Bundestagsfraktion setzt sich für eine möglichst umgehende und umfassende Aufklärung der Vorwürfe ein. Bislang ist die Informationspraxis des Bundes und der Landesregierungen absolut unzureichend. Daher haben wir heute im Bundestag Berichte der Bundesregierung sowohl im Rechts- als auch im Innenausschuss beantragt. Die Verantwortlichen von Innenministerium und Bundeskriminalamt müssen schnellstmöglich in den Ausschüssen Rede und Antwort stehen.
Eine Anmeldung bei facebook-Konkurrent Google + ist bisher mit der in den AGBs verankerten Auflage verbunden, einen Klarnamen und nicht etwa ein Pseudonym zu verwenden. Am heutigen Montag habe ich mich mit zahlreichen Mitstreiterinnen und Mitstreitern in einem von Christoph Kappes initiierten Offenen Brief an google dafür ausgesprochen, dass das Unternehmen die bisherige Praxis auf den Prüfstand stellt und zukünftig auch die anonyme Nutzung von google+ möglich macht.
Klarnamenpflicht und Vorratsdatenspeicherung führen nicht zu mehr Sicherheit im Internet, sagt Malte Spitz, Bundesvorstandsmitglied der Grünen, im Interview auf www.gruene.de. Das Verbot von Pseudonymen in sozialen Netzwerken und Blogs habe vielmehr zur Folge, dass sich Autorinnen und Autoren in autoritären Staaten großen Gefahren aussetzen müssten und die Meinungs- und Pressefreiheit in Gefahr wäre, so Malte. Doch lest selbst.
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