Die Ermordung eines jungen Mannes am Berliner Alexanderplatz hat eine Diskussion über die Ausweitung der Videoüberwachung des Öffentlichen Raums in Deutschland ausgelöst. Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) gab in einem Interview an, dass er es für richtig halte, „dass an Plätzen oder Straßen, an denen es auffällig viel Kriminalität gibt,  mehr Kameras installiert werden.“ Mehr Videokameras wären ein sehr  effizientes Mittel, das auf viele abschreckend und präventiv wirke.  Der Innenminister wörtlich: „Gewalttäter wissen so, dass sie gefilmt werden. Videoüberwachung kann dazu beitragen, dass die Kriminalität zurückgeht.“

Innenminister Friedrich steht angesichts seiner miserablen Bilanz mit dem Rücken zur Wand. Jetzt rettet er sich in einen Populismus von vorgestern. Ausgerechnet die Überwachung der Öffentlichkeit durch Videokameras soll es nun richten. Über die reflexhafte Forderung des Innenministers wird sogar in Polizeikreisen gelacht, weil selbst dort keiner mehr an Prävention durch Kameras glaubt. Friedrichs Vorstoß verdient auch deswegen Hohn und Spott, da der Innenminister für diese Maßnahmen gar nicht zuständig ist, sondern die Länder.

Zu Recht weist der Bundesdatenschutzbeauftragte darauf hin, dass die Aufklärungsrate für Gewaltverbrechen in London, einer der am meisten überwachten Städte Europas, im Jahr 2011 noch einmal deutlich gesunken ist. Das zeigt: Durch das bloße Aufhängen einer Kamera verhindert man Straftaten eben nicht.

Der Innenminister, der derzeit suggeriert, man würde sich endlich auf europäischer Ebene für höhere Datenschutzstandards einsetzen, legt durch die jüngste Forderung seine wirkliche Denkweise offen: Entgegen anderweitiger Lippenbekenntnisse zu der von ihm eigentlich bekämpften EU-Datenschutz-Reform setzt Verfassungsminister Friedrich nun mit der Videoüberwachung auf ein Instrument aus der sicherheitspolitischen Mottenkiste, das nur zum Preis des weiteren Bürgerrechteabbaus realisierbar ist.

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