Nachdem vor Kurzem bereits eine Anhörung des Rechtsausschusses des Bundestages zum geplanten und hoch umstrittenen Leistungsschutzrecht für Presseverlage stattgefunden hat, haben sich die Obleute des Rechtsausschusses heute darauf verständigt, dass weitere parlamentarische Beratungen dringend notwendig sind. Hierfür hatten auch wir Grünen uns eingesetzt.

Nachdem der Rechtsausschuss sich vor allem mit den juristischen Fragestellungen eines Leistungsschutzrechtes auseinandergesetzt und mehr Fragen aufgeworfen als beantwortet hatte, gab es schnell Einigkeit zwischen den Fraktionen, dass auch die technische Fragen, die sich im Zusammenhang mit der Einführung eines Leistungsschutzrechts für Presseverlage stellen, noch einer intensiven parlamentarischen Beleuchtung bedürfen.

Wir begrüßen es als Grüne daher sehr, dass sich nun auch der Unterausschuss Neue Medien des Bundestages  in einer Anhörung mit dem Titel „Technische Fragen eines Leistungsschutzrechts für Presseverlage“ mit dem #LSR auseinandersetzen wird. Die Anhörung findet bereits am Montag, dem 25.02.2013, zwischen 13:00 bis 14:30 Uhr statt. Die Sitzung ist öffentlich, d.h. Interessierte können sich ab sofort anmelden.

Als Sachverständige wurden von den Fraktionen bisher benannt:

  • Dr. Thomas Höppner, Bundesverband Deutscher Zeitungsverleger (BDZV)
  • Michael Steidl, Managing Director International Press Telecommunications Council
  • Prof. Dr. Dirk Lewandowski, Hochschule für Angewandte Wissenschaften Hamburg
  • Dr. Arnd Haller, Google Germany GmbH, Legal director north and central Europe

Hintergrund der Kurzfristigkeit:
Die Kurzfristigkeit der Einladung hat sich vor allem dadurch ergeben, dass sich der Unterausschuss Neue Medien mit der Mehrheit von Schwarz-Gelb leider nicht zu einem eigenen Expertengespräch durchringen konnte. Daher beschäftigt sich der Unterausschuss nun „nur“ im Rahmen seiner üblichen Sitzung mit der Thematik. Nach der Geschäftsordnung des Bundestages muss hierfür der federführende Ausschuss, also der Rechtsausschuss, seine Zustimmung erteilen. Dass diese positiv ausgefallen ist, ist wohl auch der deutlichen Kritik des Vorsitzenden des Rechtsausschusses am bisherigen Verfahren und dem Inhalt des jetzt vorliegenden Entwurfs eines Leistungsschutzrechts geschuldet. So hatte der Ausschussvorsitzende bereits während der Anhörung des Rechtsausschusses angedeutet, dass auch er weitere Beratungen für dringend geboten hält.

Streaming der Anhörung
Besonders freuen wir uns, dass es im Rahmen der jetzigen Beratungen gelungen ist, zwei Dinge durchzusetzen, die im Rahmen der Beratungen des Rechtsausschusses – vollkommen zu Recht – für einigen Unmut gesorgt hatten: So ist zu der jetzigen Anhörung, nachdem während des Expertengesprächs des Rechtsausschusses lediglich ein Protagonist der öffentlichen Debatte vertreten war, nunmehr auch ein Vertreter des Unternehmens google geladen. Zudem wird die jetzige Anhörung gestreamt, d.h. alle diejenigen, die eine Teilnahme auch aufgrund der Kurzfristigkeit nicht realisieren können, haben die Möglichkeit, die Anhörung live zu verfolgen.

Anmeldung zur Anhörung:
Interessierte Besucherinnen und Besucher können sich beim Sekretariat des Ausschusses unter Angabe des Vor- und Zunamens sowie des Geburtsdatums anmelden. Bitte bedenkt: Zur Sitzung muss ein Personaldokument mitgebracht werden. Bild- und Tonberichterstatter, hierunter fallen auch Bloggerinnen und Blogger, können sich beim Pressereferat (Telefon: 030/227-32929 oder 32924) des Bundestages anmelden.

Weiterführende Informationen:
Hier findet Ihr eine Übersicht unserer Aktivitäten zum Leistungsschutzrecht

UPDATE 20.02.2013:
Der oben bereits erwähnte Vorsitzende des Rechtsausschusses, Siegfried Kauder (CDU), hat nun überraschend am kommenden Freitag zu einer Pressekonferenz eingeladen. Thema: Das Leistungsschutzrecht. Bereits in der Einladung zur Pressekonferenz wird deutlich, was wir oben geschrieben hatten. Auch Siegfried Kauder ist der Meinung, dass in der ersten Anhörung noch längst nicht alle Aspekte ausreichend beleuchtet wurden. So heißt es in der Einladung zur Pressekonferenz wörtlich:

Die politische Diskussion über die Einführung eines Leistungsschutzrechtes für Presseverlage ist mit der Sachverständigenanhörung vom 30. Januar 2013 in der Zielgeraden angekommen. Der Ablauf der Expertenanhörung lässt mich darüber nachdenken, ob wir nicht Wege suchen müssen, wie wir bei der Auswahl der Sachverständigen sicherstellen können, dass alle diskussionswürdigen Aspekte gutachterlich abgedeckt sind. So fehlte in der Runde der Experten ein Verfassungsrechtler. Verfahrenstechnischen Fragen wurde zu wenig Augenmerk geschenkt. Die Einzelheiten möchte ich Ihnen im Rahmen einer Pressekonferenz erläutern.

Dass der Vorsitzende des Rechtsausschusses nach seiner bisher schon harschen Kritik nun auch öffentlich noch verfassungsrechtliche Bedenken bezüglich des Vorhabens anmeldet, indem er sagt, dass dieser Aspekt bisher noch nicht ausreichend beleuchtet wurde, dürften die Befürworter des Leistungsschutzrechts aus der schwarz-gelben Koalition nur schwer ignorieren können. Wir sind auf den weiteren Verlauf der Beratungen sehr gespannt und werden von den Ergebnissen der Pressekonferenz berichten.

UPDATE 21.02.2013:

Wie lange bleibt das Leistungsschutzrecht noch auf der Tagesordnung der nächsten Sitzungswoche?
Noch steht das Leistungsschutzrecht, trotz der hierzu am Montag stattfindenden Anhörung, trotz der Ankündigung des Vorsitzenden des Rechtsausschusses des Bundestages, Siegfried Kauder, auch die verfassungsrechtlichen Fragen noch beleuchten zu wollen, trotz einer entsprechenden Prüfung möglicher Alternativen zu einem Leistungsschutzrecht durch den Wissenschaftlichen Dienst auf Initiative von Doro Bär (CSU), trotz anhaltender Kritik an dem Vorhaben von einer Vielzahl von Abgeordneten aus den Reihen der Koalition und trotz der gestrigen Aussagen des FDP-Wirtschaftsministers, man wolle noch die derzeit zwischen den Beteiligten stattfindenden Gespräche abwarten, bevor man ein Leistungsschutzrecht tatsächlich beschließt, auf der Tagesordnung der kommenden Sitzungswoche des Bundestages. Vor der Abstimmung über das höchst umstrittene Gesetz ist eine gerade einmal halbstündige Debatte vorgesehen. Wir gehen angesichts der aktuellen Entwicklungen und der massiven Kritik an dem Vorhaben auch aus den Reihen der Koalition davon aus, dass die Koalition den Tagesordnungspunkt wieder absetzt. Wir halten Euch auf dem Laufenden.

Livestreaming und Public Viewing
Thomas Pfeiffer lädt am Montag zu einem Public Viewing der Anhörung nach München. Wir finden die Idee sehr interessant und freuen uns schon auf viele weitere Public Viewings bundesweit. Hier findet Ihr alle Infos zum Public Viewing in München.

UPDATE 21.02.2013 19:20
Vor drei Stunden hatten wir in oben stehendem UPDATE und auf twitter gefragt, wie lange das Leistungsschutzrecht wohl noch auf der Tagesordnung bleibt. Nun,um kurz nach 19:00 Uhr hat die Koalition das Leistungsschutzrecht tatsächlich wieder von der Tagesordnung genommen. Es bleibt die Frage, wie lange CDU/CSU und FDP dieses unwürdige Schauspiel noch spielen wollen, oder ob sich auch bei ihnen nicht irgendwann die Erkenntnis durchsetzt, dass es besser wäre, sich von dem höchst umstrittenen Vorhaben eines Leistungsschutzrechts für Presseverlage endgültig zu verabschieden.

UPDATE 22.02.2013
Nachdem Herr Kauder in seiner heutigen Pressekonferenz angeregt hat, auch die verfassungsrechtlichen Probleme, die mit der Einführung eines Leistungsschutzrechtes verbunden sind, noch im Rahmen einer weiteren Anhörung des Rechtsausschusses zu untersuchen, haben wir Herrn Kauder beim Wort genommen und gemeinsam mit den anderen Oppositionsfraktionen soeben beantragt, eine solche weitere Anhörung des Rechtsausschusses zu den „verfassungs- und europarechtlichen Probleme der Einführung eines  Leistungsschutzrechts für Presseverlage“ durchzuführen.

UPDATE 25.02.2013
Auch nachdem heute die Anhörung des Unterausschusses Neue Medien stattgefunden hat, sind längst nicht alle Fragen bezüglich der Einführung eines Leistungsschutzrechts beantwortet – im Gegenteil. Dennoch hat die schwarz-gelbe Koalition heute den Tagesordnungspunkt erneut für diesen Freitag aufgesetzt – zur Überraschung aller Beteiligten. Wir haben, nachdem wir bereits, den Ausführungen des Rechtsausschuss-Vorsitzenden Siegfried Kauders folgend, am Freitag als Opposition geschlossen eine weitere Anhörung des Rechtsausschusses beantragt haben (siehe letztes Update), heute angekündigt, dass, wenn die Koalition tatsächlich daran festhalten sollte, den bisherigen Entwurf am Freitag final durchstimmen zu wollen, eine namentliche Abstimmung hierzu zu beantragen. Noch haben wir jedoch die Hoffnung, dass die Koalition den Tagesordnungspunkt nun nur „fristwahrend“ aufgesetzt hat und ihn – wie bereits in der vergangenen Sitzungswoche – von sich aus wieder von der Tagesordnung nehmen wird. Wir halten Euch weiter auf dem Laufenden.

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