Die grüne Bundestagsfraktion engagiert sich seit vielen Jahren für ein zeitgemäßes Urheberrecht. Die Digitalisierung ist eine kraftvolle Triebfeder gesellschaftlicher Veränderungen. Wir können in früher undenkbarer Weise kommunizieren und wissenschaftliche, künstlerische und politische Informationen weltweit und zeitnah einholen. Das Privatleben erhält durch das Netz zunehmend mehr Berührungspunkte mit dem Urheberrecht. Private, nichtkommerzielle Nutzung des Internets kollidiert immer häufiger mit seinen Regelungen. Hier registrieren wir vielfältige Akzeptanzprobleme. Viele NutzerInnen – aber auch UrheberInnen – wünschen sich eine Flexibilisierung und Anpassung der bestehenden Regelungen an die digitale Realität.

Wir arbeiten an einem Urheberrecht, das vor dem Hintergrund von Digitalisierung und Internet eine gerechte Vergütung für Kreative sichert, aber auch die Kriminalisierung der NutzerInnen verhindert. Eine gerechte Abwägung der Interessen der NutzerInnen und der UrheberInnen steht für uns dabei im Mittelpunkt.

Vor einem Jahr hat die Bundestagsfraktion eine Projektgruppe eingesetzt, die in intensiver Arbeit und mit zahlreichen Sachverständigenanhörungen wichtige Bereiche des hochkomplexen Themas Urheberrecht diskutiert und Bausteine für ein modernes und faires Urheberrecht erarbeitet hat. Der Prozess ist noch nicht abgeschlossen. Wir präsentieren hier erste Bausteine für ein modernes und faires Urheberrecht (pdf). Dabei haben wir zwischen kurzfristig zu erreichenden sowie mittel- und langfristigen Zielen unterschieden.

Kurzfristige Maßnahmen für ein gerechtes Urheberecht

Als kurzfristige wichtige Maßnahmen sind zunächst vorgesehen das Abmahnunwesen einzudämmen. Zugleich wollen wir das Urhebervertragsrecht reformieren, um die Rechte der UrheberInnen zu stärken:

  • Eindämmung des Abmahnunwesens: Jährlich werden in Deutschland hunderttausende Abmahnungen wegen der Verbreitung geschützter Musiktitel oder Filme versandt. Es hat sich eine geschäftstüchtige Abmahnindustrie von einigen wenigen Rechteinhabern und den sie vertretenden Anwaltskanzleien etabliert. Das Abmahnwesen soll effektiv eingedämmt werden. Hier sehen wir eine Begrenzung der Auskunftsansprüche auf den „geschäftlichen Verkehr“ vor. Ferner soll der „fliegende Gerichtsstand“ abgeschafft und der Streitwert auf 700 Euro begrenzt werden. Dazu bringen wir einen Gesetzentwurf in den Bundestag ein.Hier findet Ihr unseren Gesetzentwurf zur Eindämmung des Missbrauchs des Abmahnwesens (pdf).
  • Stärkung der UrheberInnen: Wir wollen Vergütungssituation für UrheberInnen verbessern. Im Zusammenhang mit der Verwertung von Immaterialgütern kommt es immer wieder zu Machtgefällen zu ihren Lasten. Das wollen wir ändern und bringen einen Antrag zur Reform des Urhebervertragsrechts in den Bundestag ein. Wir wollen das im Urhebervertragsrecht vorgesehene Schlichtungsverfahren über gemeinsame Vergütungsregeln so gestalten, dass es am Ende zu einem für beide Seiten bindenden Ergebnis führt. Zudem wollen wir Vereinigungen von UrheberInnen die Möglichkeit geben, dass sie die Einhaltung dieser Vergütungsregeln gerichtlich einklagen können. Darüber hinaus fordern wir einen gesetzlichen Auskunftsanspruch gegenüber den InhaberInnen der Nutzungsrechte über Art und Umfang der Werknutzung. HIer findet Ihr unseren Gesetzentwurf zur Eindämmung des Missbrauchs des Abmahnwesens (pdf).

Als weitere kurzfristige Maßnahmen stehen Regelungen für den Wissenschafts- und Bildungsbereich an. Dazu zählen der freie Zugang zu veröffentlichten Ergebnissen und Daten öffentlich geförderter Forschung (Open Access) sowie die Verbesserung der Bedingungen für Schulen und andere Bildungseinrichtungen, Bibliotheken und Archive. Weiterhin kämpfen wir gegen das von der Bundesregierung vorangetriebene Leistungsschutzrecht für Presseverleger.

Mittelfristige Maßnahmen und langfristige Ziele

Als mittelfristige Maßnahmen streben wir eine Regelung zum Recht auf Remix sowie die Flexibilisierung der Schranken auf EU-Ebene an. Zudem muss entschieden werden, ob Pauschalvergütungssysteme geeignete Instrumente für ein faires Urheberrecht darstellen. Auch eine Reform der Verwertungsgesellschaften steht in der EU wie in Deutschland auf der Agenda.

Als langfristige Ziele sind neben der Reform der europäischen Urheberrechts-Richtlinie 2001/29/EG die Überarbeitung der Abkommen über handelsbezogene Aspekte der Rechte am geistigen Eigentum (TRIPS-Abkommen) und des WIPO-Urheberrechtsvertrages (WCT) anzustreben.

Auch hinsichtlich der Frage, wie lange Immaterialgüter der Verwertung nur exklusiv zugänglich sind (Schutzfristen), ist eine langfristig angelegte Debatte erforderlich.

Bei diesen Fragen befindet sich die grüne Bundestagsfraktion weiter in einem intensiven Arbeitsprozess.

Grundsätze für ein Urheberrecht für das 21. Jahrhundert

Es steht für uns außer Frage, dass das sicht- und hörbare Ergebnis geistigen und künstlerischen Schaffens – das geistige Eigentum – unter dem Schutz des Grundgesetzes, der Europäischen Grundrechtecharta und völkerrechtlicher Normen ist. Aber auch für das geistige Eigentum gilt die Gemeinwohlverpflichtung. Die Regelungen des Urheberrechts haben wesentlichen Einfluss darauf, ob und wie der Zugang zu Immaterialgütern ermöglicht wird, von denen viele zur Grundversorgung in immer digitaleren Gesellschaften gehören.

Wir Grüne stellen daher neben dem Schutz der UrheberInnen auch das Recht auf Teilhabe in den Mittelpunkt der Funktion des Urheberrechts. Wir wollen das Urheberrecht nicht aus den Angeln heben oder zerstören, aber an die neuen Realitäten des 21. Jahrhunderts anpassen.

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