Nachdem in der letzten Woche das BKA durch die Vorlage der Löschergebnisse für den Januar 2011 dokumentiert hat, dass wir uns, was die Löschbemühungen angeht, auf einem guten Weg befinden, und auch aus Koalitionskreisen zu hören war, dass auch die Unterzeichnung des so genannten Harmonisierungspapiers nun tatsächlich unmittelbar bevorsteht, hat die Bundesjustizministerin gestern auf einem Kongress des eco zu Protokoll gegeben, dass man das Zugangserschwerungsgesetz nun endgültig aufheben wolle. Auch aus Kreisen der FDP Fraktion war kurz danach zu vernehmen, dass eine Einigung mit der CDU/CSU unmittelbar bevorstünde.

Da mutet es etwas bizarr an, dass es der Bundesregierung noch am Montag nicht möglich war, die Mitglieder des Unterausschusses Neue Medien des Bundestages über das weitere Vorgehen in Sachen Zugangserschwerungsgesetz, das unter anderem das Sperren von Internetseiten mit Bildern, die sexuellen Missbrauch von Kindern darstellen, regelt, und das derzeit auf verfassungsrechtlich höchst fragwürdigem Wege ausgesetzt ist, zu informieren.

Heute sollten sich verschiedene Ausschüsse des Bundestages erneut mit den Gesetzesentwürfen auf Aussetzung der Opposition beschäftigen. Doch erneut nahmen die Koalitionsfraktionen – mit Unterstützung der Linken, die der Koalition offenbar auf den Leim gegangen ist – die seit langem von allen Oppositionsfraktionen vorliegenden Gesetzesentwürfe, die exakt eine solche Aufhebung zum Ziel haben und die in verschiedenen Anhörungen (25.10.2010 im Unterausschuss Neue Medien und am 10.11.2010 im Rechtausschuss) als zielführend, was die Aussetzung des Gesetzes angeht, bezeichnet wurden, von den Tagesordnungen der zuständigen Fachausschüsse des Bundestages.

Als Grundlage der im Bundestag stattgefundenen Anhörungen dienten die von allen drei Oppositionsfraktionen vorgelegten Gesetzesentwürfe. Wenn auch der gewählte juristische Weg teilweise unterschiedlich ist, so verbindet alle Initiativen die gleiche Intention, nämlich das Zugangserschwerungsgesetz und die in ihm implizierten Netzsperren auf verfassungsrechtlich sauberem Weg wieder auszusetzen:

Anstatt einen der Gesetzesentwürfe zu wählen und die Regelungen zur Einführung von „Netzsperren“ auf einem verfassungsrechtlich sauberen Weg zurückzuholen, spielt die Bundesregierung also weiter auf Zeit. Auch gut anderthalb Jahre  nach der Verabschiedung des Gesetzes durch den Bundestag können sich CDU/CSU und FDP noch immer nicht auf ein klares Bekenntnis gegen Netzsperren und für ein konsequentes  Löschen von Darstellungen sexuellen Missbrauchs von Kindern und Jugendlichen im Internet einigen. Das ist ein Armutszeugnis.

Mit ihrer Verzögerungstaktik lenkt die Bundesregierung auch davon ab, dass sie bis heute keine Gesamtstrategie zur Verhinderung von sexuellem Missbrauch von Kindern und Jugendlichen, die wir seit Anfang der Legislatur von ihr einfordern,  vorgelegt hat. Die Bundesregierung muss endlich aufhören, auf Zeit zu spielen. Sie muss Konzepte entwickeln und eine auf Prävention ausgerichtete kohärente Gesamtstrategie gegen den sexuellen Missbrauch von Kindern vorlegen.

Mit einem aktuellen Eckpunktepapier zur Bekämpfung der Verbreitung von Darstellungen sexueller Gewalt und Ausbeutung von Kindern formulieren wir einige Anhaltspunkte zur Stärkung von Prävention und Opferschutz und zur weiteren Verbesserung des Löschens – auch im internationalen Kontext. Auch der unter rot-grün auf den Weg gebrachten Aktionsplan zum Schutz von Kindern und Jugendlichen vor sexueller Gewalt und Ausbeutung könnte der Bundesregierung Orientierung bieten. Vorlagen gibt es also genug. Nun muss die Bundesregierung endlich handeln. Sie muss über ihren Schatten springen und einem der von der Opposition vorgelegten Gesetzesentwurf zustimmen, die sich als kontraproduktiv erwiesenen „Netzsperren“-Regelungen zurückholen, um sich dann schleunigst einer solchen Gesamtstrategie zuzuwenden.

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