Eigentlich hätte der G8-Gipfel die Gewährleistung der Meinungsfreiheit im Internet in den Mittelpunkt stellen sollen. Hilfe für den arabischen Frühling, gegen Zensur und für netzbasierte Bewegungen zur Demokratisierung in der ganzen Welt war angedacht. Bedenken im Vorfeld, auch von den USA, haben hingegen vor allem wirtschaftliche Aspekte in den Mittelpunkt rücken lassen. Das ist schade. Ihr Bedauern darüber haben Konstantin und Malte gestern schon zum Ausdruck gebracht.

Nun lauten die politischen Leitmotive des #eG8 „Zivilisierung“ und „Kontrolle“ des Netzes. Eine staatszentrierte oder wirtschaftliche „Zivilisierung“ unter der Ägide Sarkozys und der G8 hat das Internet nicht nötig. Viel wichtiger wäre gewesen, den Nutzern selbst den zentralen Platz bei den Beratungen in Paris einzuräumen. Wahrhaft zivil wären eine entschiedene Stärkung der digitalen Bürgerrechte und eine kontinuierliche Verbesserung der transnationalen Strukturen zur Selbstverwaltung des Internets. Stattdessen wird der e-G8 Gipfel maßgeblich von den eingeladenen Wirtschaftsvertretern mit finanziert, die für sie heikle Regulierungen ablehnen, aber für eine repressive Durchsetzung von Urheberrechten die Stimme laut erheben.

Die UN hat bereits vor Jahren erkannt, dass die Zukunft des Internets nur durch ein Miteinander von Wissenschaft, Zivilgesellschaft, Wirtschaft und Politik vorangetrieben werden kann. Mit seinem jetzigen Vorgehen wirft Präsident Sarkozy diesen Ansatz über Bord und stellt die mühsam aufgebauten internationalen Strukturen der „Internet Governance“ fahrlässig in Frage.

Die grüne Bundestagsfraktion setzt sich auch weiterhin für den Erhalt und den kreativen Ausbau der Selbstverwaltung des Internets ein. Nur so können die entscheidenden Zukunftsfragen angegangen werden: der freie und gleichberechtige Zugang, die Sicherung der Netzneutralität, die Etablierung eines modernen Daten- und Verbraucherschutzes, die Freisetzung der Produktivität freien Wissens und offener Software, der faire Interessenausgleich zwischen Urhebern und Nutzern und die Entwicklung grüner Informationstechnologien. Allen Tendenzen, das Internet durch Modelle wie „Three-Strikes“ – das Kappen des Internetanschlusses nach mehrmaligen Urheberrechtsverstößen – und eine anlasslose Vorratsdatenspeicherung der Kommunikationsdaten aller Bürgerinnen und Bürger zu einem Ort von Kontrolle, Gängelung und schwerwiegenden Grundrechtseingriffen zu machen, erteilen wir eine klare Absage.

Die Bundesregierung fordern wir auf, im Rahmen des G8-Gipfels entschieden jedem Vorgehen gegen die digitalen Bürgerrechte und die Netzfreiheiten zu widersprechen. Wir unterstützen den zivilgesellschaftlichen Protest gegen die einseitige Vereinnahmung des Internets. Alle Bürgerinnen und Bürger sind eingeladen, die Petition von accessnow zum Schutz des Netzes zu unterzeichnen.

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