In ihrem Koalitionsvertrag vom 26. Oktober 2009 kündigten CDU, CSU und FDP an, eine Stiftung Datenschutz schaffen zu wollen, „um Produkte und Dienstleistungen auf Datenschutzfreundlichkeit zu prüfen, Bildung im Bereich des Datenschutzes zu stärken, den Selbstdatenschutz durch Aufklärung zu verbessern und ein Datenschutzaudit zu entwickeln.” (S. 106). Man sei überzeugt, „dass mit dieser Lösung auch der Technologiestandort Deutschland gestärkt wird, wenn datenschutzfreundliche Technik aus Deutschland mit geprüfter Qualität weltweit vertrieben werden kann.” (ebd.) Unklar ist allerdings bis heute, ob überhaupt und wenn ja, mit welchem Organisations-, Aufgaben- sowie Finanzrahmen die Stiftung ausgestattet sein wird. Die Bundesregierung hat bislang kein einziges der von ihr zum Thema Datenschutz angekündigten Vorhaben tatsächlich umgesetzt. In Antworten auf vorherige Anfragen betonte die Bundesregierung bislang u.a., Unabhängigkeit und Neutralität würden zentrale Eigenschaften der Stiftung Datenschutz sein.

Die Konferenz der Datenschutzbeauftragten des Bundes und der Länder hatten in ihrer Stellungnahme vom 04.11.2010 ihre grundsätzliche Unterstützung für ein entsprechendes Vorhaben u.a. mit der Maßgabe formuliert, es müsse bei der Arbeit der Stiftung die Unabhängigkeit von den Daten verarbeitenden Stellen und der IT-Wirtschaft sichergestellt und es möge eine frühzeitige Einbeziehung der Überlegungen der gesetzlich zuständigen Datenschutzbehörden und deren Beteiligung im Planungsverfahren erfolgen. Um den aktuellen Stand in Sachen Stiftung zu erfahren, habe ich am 26.01.2012 eine Kleine Anfrage mit dem Titel “Unklarheiten bei der Stiftung Datenschutz” (pdf 63 KB)  gestellt.

In einem Beitrag hatten wir ausführlich über die Antworten der Bundesregierung auf unsere Kleine Anfrage berichtet. Die Bundesregierung bestätigte in ihren Antworten unsere ärgsten Befürchtungen: Das für die Stiftung vorgesehene Konzept fällt weit hinter den ohnehin stark verbesserungsbedürftigen Status Quo bei Datenschutzauditierung und Gütesiegel zurück. Die Akzeptanz und die Durchschlagskraft der Stiftung sind aus heutiger Perspektive  akut gefährdet. Ohne ein eigenständige Zertifizierungskompetenz fehlt auch zukünftig ein akzeptables und vereinheitlichtes Gütesiegel-Angebot auf Bundesebene. In der Antwort der Bundesregierung wird weiter deutlich: Die Organe der Stiftung sollen allein vom Innenminister benannt und weitgehend mit Wirtschaftsvertretern besetzt werden. Von der ursprünglich geplanten Unabhängigkeit der Stiftung, die auch von der Konferenz der Datenschutzbeauftragten des Bundes und der Länder eingefordert wurde, kann  keine Rede mehr sein. Die Stiftung verkommt so zu einem schwarz-gelben Wirtschaftstrojaner.

Hier findet Ihr die Antwort der Bundesregierung auf unsere Kleine Anfrage (pdf 1,9 MB).

In einem Interview mit dem MDR Info zur Stiftung Datenschutz und deren geplanten Standort in Leipzig konnte ich meine Kritikpunkte an der Ausrichtung, der fehlenden Unabhängigkeit und die wirtschaftsnahe Besetzung der Stiftung äußern. Das Interview mit dem MDR findet Ihr hier.

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