Vor wenigen Tagen war es soweit: Die EU-Kommission hat Klage gegen Deutschland wegen der Nichtumsetzung der Sachen Vorratsdatenspeicherung vor dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) erhoben. Die Kommission will mit dem Gang vor den Gerichtshof den Druck auf die Bundesrepublik erhöhen und fordert vom Gericht, ein Zwangsgeld in Höhe von rund 300.000 Euro pro Tag gegen Deutschland zu verhängen. Das von Justizministerin Leutheusser-Schnarrenberger favorisierte „Quick Freeze Plus“- Verfahren, das nicht anderes als eine „Vorratsdatenspeicherung light“ ist, hält Brüssel nicht für ausreichend, da dies nicht mit der Pflicht einer vollständige Umsetzung der Richtlinie zu vereinbaren sei. Eine ganz ähnliche Argumentation ist auch immer wieder von der konservativen Seite der derzeitigen Bundesregierung zu vernehmen. Die teilweise ins Hysterische abgleitenden Vorwürfe und Kommentare aus Unionskreisen in Sachen Klage sollen von der eigenen Verantwortung in Sachen Vorratsdatenspeicherung ablenken.

Die Idee einer anlasslosen verpflichtenden Massenspeicherung der Verkehrsdaten aller Bürgerinnen und Bürger stellt seit nunmehr einem Jahrzehnt eines der umstrittensten Überwachungskonzept dar. Trotz aller Warnungen von Verfassungsjuristen, Bürgerrechtlern und Datenschützern sowie der Ablehnung einer Vorratsdatenspeicherung von gut zwei Drittel der Bevölkerung halten CDU und CSU bis heute starrsinnig an der anlasslosen und verpflichtenden Vorratsdatenspeicherung fest.

Die Union hält bis heute gegen den Willen großer Teile der Bevölkerung daran fest, die Grundlage einer Vollüberwachung der Kommunikation aller Bürgerinnen und Bürger schaffen zu wollen. Erst das Bundesverfassungsgericht konnte dieser rechtspolitischen Irrfahrt ein vorläufiges Ende setzen. Es hat höchste Hürden für die Einführung von derartigen Vorratsdatenspeicherungen errichtet. Gut möglich, dass der Europäische Gerichtshof in Kürze Karlsruhe insoweit sogar noch toppen wird.

Die Unionsparteien sind trotz der strengen und mahnenden Worte des Gerichts in ihrer Law and Order Grundhaltung bis heute weitestgehend unreflektiert und ideologisch verbohrt geblieben. Vor allem den Unionsparteien haben wir es zu verdanken, dass die um Profilierung in Sachen Sicherheit ringende EU-Kommission sich die populistisch verwertbare Forderung nach Massenspeicherungen zu eigen machte, diese gegen den Widerstand der Bevölkerung zahlreicher Mitgliedstaaten durchsetzte und nun auch gegen Deutschland vorgeht.

Dabei zweifelt selbst die Kommission inzwischen an ihrer Richtlinie, welche seit Monaten reformiert werden soll. Zunehmend wird deutlich: Gerade die weiter steigende Bedeutung des Internets für unsere Kommunikation macht das bisherige Konzept untragbar. Ein freies Internet ist mit der Vorratsdatenspeicherung nicht vereinbar. Auch vor diesem Hintergrund haben die Koalitionsparteien in Schleswig-Holstein eine klare ablehnende Formulierung in den gerade vorgelegten Koalitionsvertrag aufgenommen.

Als grüne fordern wir die Unionsparteien auch weiterhin dazu auf, ihre unverantwortliche und weiter polarisierende Hardlinerposition in Sachen Vorratsdatenspeicherung ein für allemal aufzugeben. Eine moderne und sachgerechte, dem Rechtsstaat wie auch den Grundrechten verbundene Innenpolitik ist mit der Forderung nach einer Vorratsdatenspeicherungen nicht zusammen zu bringen.

Hier findet Ihr eine Übersicht unserer vielfältigen Aktivitäten gegen die Vorratsdatenspeicherung.

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