In unregelmäßigen Abständen berichten wir in unserer Rubrik “Aus den Ländern” über Initiativen, Veranstaltungen und Debatten aus dem Bereich Innen- und Netzpolitik in den Bundesländern. Ebenso schreiben ab und an VertreterInnen aus den Ländern über aktuelle Initiativen. An dieser Stelle hat Matthi Bolte einen Gastbeitrag verfasst, in dem er über die Regierungserklärung von Ministerpräsidentin Hannelore Kraft zum Thema „Gestaltung des digitalen Wandels in Nordrhein-Westfalen“ und die grüne Akzentsetzung in der Netzpolitik berichtet.  

Am 29. Januar gab Ministerpräsidentin Hannelore Kraft vor dem Landtag eine Regierungserklärung zum Thema „Gestaltung des digitalen Wandels in Nordrhein-Westfalen“ ab.

Den Digitalen Wandel zu gestalten braucht Weitsicht. Das Internet ist eine Milliarden-Metropole, über alle Grenzen hinweg. Drei zentrale Vorhaben prägen unsere Politik für ein digitales NRW:

  • Wir wollen keine Spaltung zwischen denen, die sich Sicherheit leisten können und denen, die das nicht können. Deshalb setzen wir auf ein Land der sicheren IT und des Datenschutzes.
  • Wir wollen keine digitale Spaltung zwischen Stadt und Land. Deshalb setzen wir auf intelligente Städte und Dörfer, auf unsere smarte Heimat.
  • Wir wollen keine politische Spaltung in unserem Land. Deshalb setzen wir auf die digitale Revitalisierung unserer Demokratie in einer Digitalen Bürgergesellschaft

Die Digitalisierung bietet enormes Potenzial, um den Herausforderungen zu begegnen, mit denen der ländliche Raum konfrontiert ist. Wir erleben heute, dass immer mehr Dörfer in ihrer Struktur bedroht sind. Die Versorgungssicherheit ist längst zur Überlebensfrage für dörfliche Strukturen geworden. Dabei sind Gesundheit, Versorgung und Bildung große Handlungsfelder, in denen digitale Technologien für diese Gestaltungsaufgabe zentrale Beiträge leisten werden.

Es ist ein ganz zentraler Ansatz Grüner Politik, dass Menschen im Alter und bei Pflegebedürftigkeit so lange es eben geht selbstbestimmt und in ihrer gewohnten Umgebung bleiben können. Dafür bieten digitale Technologien enorme Möglichkeiten. Versorgungssicherheit bedeutet auch Güter und Menschen in den ländlichen Raum zu transportieren, auch wenn die heutigen Versorgungswege unwirtschaftlich werden. Um Versorgungssicherheit im ländlichen Raum herzustellen, bieten digitale Technologien Ansätze, um Menschen und Dienstleistungen zu vernetzen. Wenn nach dem realen Tante-Emma-Laden der Discounter kam, warum soll dann nicht in Zukunft, wenn es sich für den Discounter in einer kleinen Ortschaft nicht mehr lohnt, ein digitaler Tante-Emma-Laden kommen. Beim Einsatz smarter Technologien streiten wir für höchste Datenschutz-Standards.

Schon heute bieten digitale Lernformen eine wichtige Säule für Bildungsinnovation in NRW. Digitales Lernen wird in absehbarer Zeit den gewohnten Präsenzunterricht nicht vollständig ersetzen. Aber wir müssen offen sein, Formen wie etwa Massive Open Online Courses als mögliches Substitut für unsere Bildungslandschaft stärker in den Blick zu nehmen. Bildung ist die Voraussetzung schlechthin für einen selbstbestimmten, kritischen, aber auch selbstbewussten Umgang mit Medien. Der Medienpass.NRW ist ein Erfolgsmodell. Von ihm profitieren inzwischen tausende Schülerinnen und Schüler und er wird in diesem Jahr auf die ganze Sekundarstufe 1 ausgeweitet. Debatten nach dem Motto „Stellt jedem Kind einen Laptop hin und schon haben wir digitale Bildung“ haben uns nicht weiter gebracht. Damit sich Schulen für den „Bring your own device“ Ansatz öffnen, wollen wir vor Ort ausloten, wie wir mehr offene WLANs in den Schulen unterstützen können.

Wir stehen für eine digitale Bürgergesellschaft. Es geht um nicht weniger als um eine Neudefinition des Verhältnisses zwischen dem Staat und den Bürgerinnen und Bürgern im digitalen Zeitalter. Wir wollen deshalb noch in diesem Jahr ein Gesetz für die elektronische Verwaltung auf den Weg bringen. Dieses E-Government-Gesetz bringt aber nicht nur eine serviceorientiertere Verwaltung. Wir wollen auch die technische Verwaltungsmodernisierung im Auge behalten. Öffentliche IT kann eine Top-Runner-Position einnehmen und dadurch ihrerseits Entwicklungsimpulse setzen. Künftig muss jede Behörde in NRW einen verschlüsselten Kommunikationskanal anbieten. Unser Anspruch ist nach wie vor, den Einsatz freier und offener Software in der öffentlichen Verwaltung aufzubauen. Wir wollen Vertrauen wieder herstellen und die Forschung für sichere IT – nicht zuletzt auch durch die Leitmarkt-Wettbewerbe – stärken. Wir wollen Unternehmen unterstützen, die ihre IT sicher und modern aufstellen wollen. Kurz: Wir wollen, dass unter Rot-Grün unser NRW zum Land der sicheren IT wird.

Seit 2010 treiben wir den „Open.NRW“-Prozess voran. wir die Online-Partizipation weiter stärken. Beteiligung braucht Information. In diesem Frühjahr geht das Open.NRW Portal an den Start. Die offene Bereitstellung öffentlicher Daten wird im digitalen Zeitalter Schritt für Schritt selbstverständlich. Wir haben mit der Open Government Strategie die Prozesse definiert. Wir haben mit dem Haushalt 2,5 Millionen Euro für Open Government bereitgestellt. Und wir werden die Vorarbeiten der letzten Jahre nutzen, um aus dem Informationsfreiheitsgesetz ein Transparenzgesetz zu machen.

Die Digitale Bürgergesellschaft setzt Zugänge zum Internet voraus. Öffentliche WLANs sind hierbei eine wichtige Säule. Bis 2018 wird sich der mobile Datenverkehr verzehnfachen. Damit alles möglich wird, was wir uns hier vorgenommen haben, brauchen wir Zugänge zum Netz. Wir unterstützen deshalb die Freifunk-Initiativen, die durch ihr bürgerschaftliches Engagement zu digitaler Teilhabe beitragen. Wir kämpfen weiter für echtes Netz, für die Sicherung der Netzneutralität, denn sie ist die Grundbedingung für ein freies und offenes Internet.

Beim Breitbandausbau ist aus Ländersicht klar zu sehen: Dobrindt ist immer noch nur der Minister für Hochglanzfotos, schöne Ankündigungen und digitale Zauberei. Von dem notwendigen Bundesanteil  rückt er aber keinen Cent raus. Deshalb bleibt es bei unserer Forderung: Wir brauchen eine faire Verteilung der Frequenzerlöse und wir brauchen endlich ein Bundesprogramm, das über die Digitale Dividende hinausgeht. Wenn wir unser Digitales NRW gestalten, brauchen wir dabei nicht die Kleinkrämerei der Opposition. Wir wollen die Menschen in unserem Land begeistern, die Ideen für eine gute Zukunft haben. Alle, die das heute schon verstanden haben, laden wir ein, mit uns unser digitales NRW zu gestalten.

Die Regierungserklärung findet sich auf nrw.de, die Rede des Grünen Fraktionsvorsitzenden Reiner Priggen hier und die Rede des netzpolitischen Sprechers Matthi Bolte hier.

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