Am 14. Oktober 2025 stimmen die europäischen Justiz- und Innenminister*innen über die Chatkontrolle ab. Als Grüne Bundestagsfraktion haben wir uns schon in der letzten Wahlperiode immer wieder gegen die Chatkontrolle und für tatsächlich zielführende Instrumente im Kampf gegen den sexuellen Missbrauch von Kinder- und Jugendlichen und der Verbreitung entsprechender Darstellungen ausgesprochen. Nun fordern wir die Bundesregierung in einer sogenannten Artikel 23 Stellungnahme erneut mit Nachdruck auf, sich im Europäischen Rat gegen eine anlasslose Überprüfung jeglicher privaten Inhalte und Speichermedien auszusprechen und stattdessen zielführende Alternativvorschläge umzusetzen, um Kinder und Jugendliche endlich besser zu schützen. Die Stellungnahme ist unter der Federführung von Jeanne Dillschneider erarbeitet worden. Die Initiative wurde gestern in der Fraktion verabschiedet. Im Plenum des Bundestags wird am Donnerstag im Rahmen einer Aktuellen Stunde über die Chatkontrolle diskutiert.
Seit Beginn der Verhandlungen vor mehr als drei Jahren begleiten wir diese Diskussion parlamentarisch und öffentlich kritisch. Die grüne Bundestagsfraktion unterstützt ausdrücklich die von der Europäischen Kommission angestrebten Ziele zur Bekämpfung und der Prävention sexualisierter Gewalt an Kindern sowie zum besseren Schutz von Kindern. Die derzeit im EU-Rat diskutierten Vorschläge gehen jedoch über dieses Ziel deutlich hinaus: Sie würden Anbieter digitaler Kommunikationsdienste verpflichten, die private Kommunikation der Nutzenden massenhaft und anlasslos zu durchsuchen. Ebenso besteht die Gefahr, dass der effektive Bruch der Ende-zu-Ende Verschlüsselung risikoreiche Schwachstellen schafft, die vor dem Hintergrund aktueller Bedrohungen nicht zu verantworten sind.
Durch die Fokussierung auf die andauernden Verhandlungen um die verfassungs- und europarechtlich fragwürdige „Chatkontrolle“ bleibt die Implementierung von dringend notwendigen, tatsächlich wirksamen Schutzmaßnahmen für Kinder und Jugendliche bisher weitgehend aus.
Aus Sicht der grünen Bundestagsfraktion liegen eine Vielzahl anderer wirkungsvoller Vorschläge vor. Darunter der deutliche Personalausbau bei Ermittlungs- und Strafverfolgungsbehörden, die Stärkung der Ermittlungsbehörden, beispielsweise durch die Schaffung eines „Quick-Freeze“-Gesetzes und die Nutzung von „Login-Fallen“, mehr Präventionsarbeit, beispielsweise auch durch den Einsatz von digitalen Streetworkern, und die bessere Unterstützung von Betroffenen.
Nicht nur die grüne Bundestagsfraktion, sondern auch zahlreiche Akteur*innen aus Zivilgesellschaft, Wissenschaft und Wirtschaft kritisieren die „Chatkontrolle“ als grundrechtsgefährdendes, unsicheres und unwirksames Mittel, um Kinder und Jugendliche zu schützen.
Dass sich nun auch Kolleginnen und Kollegen aus CDU, CSU und SPD nach einer jahrelangen Diskussion mehr und mehr der Kritik an der Chatkontrolle anschließen, stimmt vorsichtig optimistisch. Die Frage wird nun sein, ob sie die Bundesregierung auch zu einer tatsächlichen Ablehnung der Chatkontrolle auf Europäischer Ebene durchringen kann. Das werden wir als grüne Bundestagsfraktion sehr genau im Blick behalten.
Hier findet ihr die Stellungnahme Grüne Bundestagsfraktion „Überwachung verhindern – Kinder schützen“ im Wortlaut (pdf).
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