Die allein aufgrund des öffentlichen Drucks vollzogene Vollhalse des Bundesregierung beim Meldegesetz ist an Peinlichkeit kaum zu überbieten. Nachdem selbst die BILD gegen das Meldegesetz zu Felde zieht, reagiert die noch am heutigen morgen sich wortreich verteidigende Bundesregierung und distanziert sich von ihrem eigenen Gesetzentwurf. Erst wird über Monate der Öffentlichkeit mit einem Referentenentwurf weisgemacht, man strebe eine tatsächlich datenschutzfreundliche Regelung an. Dann wird auf der Zielgeraden per Änderungsantrag ein vorgezogenes Weihnachtsgeschenk an den Deutschen Dialomarketingverband überreicht, indem das Opt-In durch eine zudem noch löcherige Opt-Out-Regelung ersetzt wird. Das ist Mövenpick-Politik vom Feinsten!
Heute meldeten mehrere Medien, dass die Bundesregierung offenbar vorerst auf die von der EU geforderte Regelung der Vorratsdatenspeicherung verzichten will. Grund für die Entscheidung war nach Angaben aus deutschen EU-Kreisen der nach wie vor anhaltende Streit über die Umsetzung der Richtlinie innerhalb der schwarz-gelben Koalition. Die heutige Entscheidung der Bundesregierung war angesichts der nach wie vor nicht nachgewiesenen Zweckdienlichkeit der Vorratsdatenspeicherung überfällig. Als Grüne haben wir die Bundesregierung immer wieder aufgefordert, sich endlich von der Umsetzung der Richtlinie zu verabschieden und hatten in dieser Legislatur mehrere Anträge vorgelegt, in dem wir die Bundesregierung auffordern, von diesem grundrechtlich höchst fragwürdigem Instrument zu verabschieden. Die heutige Entscheidung der Bundesregierung darf nur ein erster Schritt sein.
Die Fraktionen von CDU und FDP haben heute im Innen- und Rechtsausschuss des schleswig-holsteinischen Landtages die Themen „Vorratsdatenspeicherung“ und „Netzneutralität“ erneut vertagt. Damit bestünde nur noch in der letzten Tagung dieser Wahlperiode die Möglichkeit, die Anträge in zweiter Lesung zu beraten. CDU und FDP drücken sich davor, netzpolitisch Stellung zu beziehen. Offenbar setzen sie darauf, unliebsame Anträge zum Ende der Wahlperiode klammheimlich der Diskontinuität zum Opfer fallen zu lassen. Das werden wir Ihnen aber nicht durchgehen lassen.
CDU/CSU und FDP geben vor, das Urheberrecht im Internet zu verbessern. Tatsächlich tut die schwarz-gelbe Koalition hierfür rein gar nichts. Den seit Jahren angekündigten dritten Korb einer dringend benötigten Urheberrechtsreform, der groß als Wissenschaftskorb angekündigt war und tatsächliche Verbesserungen für Viele bringen könnte, schiebt sie weiter auf die lange Bank. Ob der Korb in dieser Legislaturperiode überhaupt noch kommt, ist mittlerweile mehr als fraglich. Die schwarz-gelbe Koalition hat mit ihrem gestrigen Beschluss erneut ihre Rückwärtsgewandheit demonstriert. Statt die Verlage dabei zu unterstützen, zukunftsgewandt neue Geschäftsmodellen zu entwickeln und tatsächlich das durch Internet und Digitalisierung reformbedürftige Urheberrecht im Sinne aller Beteiligten anzugehen, tut sie das genaue Gegenteil: Sie setzt ihre bisherige Lobbypolitik fort, verteilt großzügig verfrühte Wahlkampfgeschenke und duckt sich ansonsten weg.
Bei netzpolitik.org läuft gerade eine sehr interessante Diskussion darüber, ob es sich bei den Änderungen des Entwurfs des TKG durch die Regierungskoalitionen um den Versuch handelt, eine "Vorratsdatenspeicherung durch die Hintertür" einzuführen. Die Aussage von Manuel Höferlin (FDP), bei der jetzigen Formulierung des § 97 Abs. 4 TKG handele es sich um den Stand der TKG-Novelle aus dem Jahr 2004, macht die Widersprüche in der Debatte noch größer. Daher hier eine kurze Analyse der Geschehnisse und Diskussionen der letzten Wochen und Monate.
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