Vor dem Hintergrund, dass sie oftmals schwerwiegende Eingriffe durch staatliche Sicherheitsbehörden in empfindliche Bereiche der persönlichen Lebensgestaltung beinhalten, müssen sich Sicherheitsgesetze besonders strikt an verfassungsrechtliche Vorgaben halten. Gerade im Bereich der Sicherheitspolitik sind besondere Sorgfalt und Zurückhaltung – sowohl seitens der Gesetzgebung, als auch seitens der Gesetzesanwendung – von elementarer Bedeutung.

Eine regelmäßige, unabhängige Überprüfung der Wirkung sicherheitsrechtlicher Vorschriften, insbesondere neu eingeführter, ist ein wichtiger Bestandteil dieser Sorgfaltspflicht. Von ganz entscheidender Bedeutung sind hier die Überprüfung der gesetzlichen Bestimmtheit sowie der Präzision und Ausgewogenheit der Maßnahmen.

Deshalb hat die rot-grüne Koalition nach dem 11. September 2001 neben der Befristung bestimmter grundrechtsempfindlicher Sicherheitsgesetze eine gesetzlich vorgesehenen Evaluierungspflicht eingeführt. Evaluierung wurde dabei als unabhängige Überprüfung der Grundrechtsverträglichkeit und der Verhältnismäßigkeit verstanden.

Die seitdem erfolgte Umsetzung der Evaluierungspflicht ist alles in allem jedoch als mangelhaft zu bezeichnen. Bislang sind die Überprüfungen einseitig, inhaltlich verkürzt und wenig transparent ausgefallen. Sie beschränken sich bisher auf die bloße Überprüfung der Funktionalität und Effektivität der Maßnahmen. Eine Überprüfung der Grundrechtsverträglichkeit und der Verhältnismäßigkeit findet nicht statt.

Zudem werden Überprüfungen bislang lediglich von der Bundesregierung selbst durchgeführt. Die Gesetzgeber selbst, also Bundestag und Bundesrat, sind es jedoch, die die Kontrolle über Inhalt und Methode einer Evaluierung ausüben und eine politische Bewertung der Ergebnisses vornehmen müssen.

Denn als Autor der zu überprüfenden Gesetze muss der Gesetzgeber die Kontrolle über deren Evaluierung ausüben, insbesondere um seiner vom Bundesverfassungsgericht mehrfach festgestellten Nachbesserungspflicht im gegebenen Fall – und möglichst vor dem Eintreten zu weitreichender, empfindlicher Grundrechtseingriffe – nachkommen zu können.

Daher hat die grüne Bundestagsfraktion in der letzten Sitzungswoche die Bundesregierung in einem Antrag mit dem Titel „Evaluierung von Sicherheitsgesetzen – Kriterien einheitlich regeln, Unabhängigkeit wahren“ aufgefordert, die im Koalitionsvertrag angekündigte allgemeine Evaluierung von Sicherheitsgesetzen und -behörden ernsthaft, umfassend und weitgehend transparent in Angriff zu nehmen.

Mit der Evaluierung, so unser Vorschlag, soll ein institutionalisiertes Expertengremium, das unter Beteiligung der Opposition vom Bundestag benannt wird, beauftragt werden. Zudem schlagen wir vor, dass in zukünftigen Entwürfen für Sicherheitsgesetze, insbesondere für diejenigen, die Grundrechte einschränken und deshalb dem Zitiergebot des Art.19 Abs 1 GG unterfallen, jeweils eine Evaluierungsklausel und eine Evaluierungsfrist einzuziehen ist.

Die Evaluierung, so sieht es unser Antrag vor, sollte sich an folgenden Eckpunkten orientieren:

• eine klare und umfassende Definition des Evaluierungsgegenstandes, nicht nur bezogen auf Nutzen und Effektivität, sondern vor allem auf die Grundrechtsverträglichkeit im Hinblick auf Eingriffstiefe und Eingriffshäufigkeit, sollte gewährleistet werden

• parallel und ggf. ergänzend sollte ein Abgleich mit Vorgaben der Europäischen Menschenrechtskonvention, der EU-Grundrechtecharta sowie anderer verbindlicher menschenrechtlicher Standards vorgenommen werden

• außerdem sollte unabhängiger wissenschaftlicher Sachverstand, sowohl zum Zwecke der methodischen, als auch der inhaltlichen Beratung eingeholt werden

Da die schwarz-gelbe Regierungskoalition die Evaluierung der im Laufe des vergangenen Jahrzehnts erlassenen Sicherheitsgesetze explizit als Ziel in ihrem Koalitionsvertrag festgeschrieben hat, gehen wir von einer Zustimmung zu unserem Antrag aus.

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