Die geplante automatisierte Überprüfung von schulischen Datenbeständen auf möglicherweise unzulässig kopierte Schulbücher wirft eine Reihe von Fragen auf, vor allem datenschutzrechtliche, aber auch urheberrechtliche sowie Fragen nach dem eigentlich Sinn einer solchen Vereinbarung. Die Verantwortlichen in den Kultusministerien sind in der Pflicht, die Verhältnismäßigkeit ihres geplanten Vorgehens zu erklären und den Einsatz der entsprechenden Software ohne ausreichende Schutzmechanismen und nötigen Transparent zu verhindern.

An erster Stelle steht dabei die im Vertrag festgehaltene Voraussetzung der Einhaltung hoher datenschutzrechtlicher Maßstäbe. Ohne eine Prüfung des Vorhabens durch die Landesbeauftragten für den Datenschutz und auch externer Stellen die neben dem Verfahren auch die technische Überprüfung auf Sicherheit, Manipulierbarkeit und Umfang der Software vornehmen, ist dessen Umsetzung indiskutabel. Das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung und Gewährleistung der Vertraulichkeit und Integrität informationstechnischer Systeme muss dabei zwingend beachtet werden, gerade weil im schulischen Umfeld auch sensible persönliche Daten auf den Servern und Computern lagern.

Wir warnen an dieser Stelle jedoch vor einer hysterischen Diskussion. Die Verwendung des Begriffs „Trojaner“ ist unseres Erachtens nach unpassend, wenn die Vorgaben der Transparenz, Vorankündigung und Vorabüberprüfung der Software, wie durch Vertreter verschiedener Kultusministerien bereits angekündigt, umgesetzt werden. Der nun an die Öffentlichkeit gekommene Vertrag ist, so lange die entsprechende Software noch nicht vorliegt, nicht viel mehr als eine vertraglich festgelegte Absichtserklärung – wenn auch eine, die auch unserer Sicht in die falsche Richtung weist.

Der Vorgang erweckt wieder einmal den Eindruck, als würden die Rechteinhaber nur noch eine Richtung kennen – die der Repression und der Kriminalisierung. Durch die Durchsuchung von Inhalten auf Schulservern schaffen die Kultusministerinnen und -minister ein schwer nachzuvollziehendes Sonderregime. Es sorgt an den Schulen für eine Atmosphäre des Misstrauens. Statt den eingeschlagenen Weg zu beschreiten, sollte die Entwicklung der Software durch die Schulbuchverlage eingestellt werden.

Die Nutzung digitaler Unterrichtsmedien und Inhalte ist nicht nur wünschens- und fördernswert, sie wird im Kontext der vielfach selbstverständlich gewordenen Internetnutzung auch erwartet. Das Ziel müssen deshalb weitere Verbesserungen des elektronischen Zuganges zu Lehr- und Lernmaterialien sein, um die möglichst flexible Verfügbarkeit entsprechender Materialien zu erhöhen.

Hierfür bedarf es eines veränderten Bewusstseins auf Seiten der Buchverlage, aber auch entsprechender Änderungen des Urheberrechts, vor allem im Bereich der Schrankenregelungen. Ebenso bedarf es effektiver Open Access-Regelungen für Bildung und Wissenschaft. Von allen Beteiligten müssen gemeinsam Antworten auf die Frage gefunden werden, wie die elektronische Verfügbarkeit geeigneter Lehr- und Lernmitteln zukünftig zu gewährleisten ist, gleichzeitig bestehende Urheberrechte geachtet und der Schutz der Urheberrechte nicht durch rein repressive Vorgehen durchgesetzt werden.

Angesichts stetig steigender Umsätze der marktführenden Schulbuchverlage, angesichts einer jahrelangen „Quasi-Monopolstellung“ dieser Verlage innerhalb der Lehrmittelbranche, aber auch angesichts rapide steigender Verwertung von Kopierrechten, sind die Verlage in der Pflicht, sich an der Beantwortung dieser essentiellen Fragen der digitalen Welt zu beteiligen. Statt auf rein repressive Instrumentarien zurückzugreifen, müssen sich die Verlage die Frage stellen, wie durchtragende Antworten auf die vor Ihnen liegenden Herausforderungen des digitalen Zeitalters aussehen könnten.

Die Schaffung eines unverhältnismäßigen Sonderregimes stellt keine solche Antwort dar. Die Öffnung der Verlage gegenüber freien Inhalten und kollaborativen Arbeitsmethoden könnte schon eher eine solche Lösung sein. Hier müssen die Entwicklung und Verbreitung von unter freien Lizenzen stehenden Lern- und Lehrinhalten nach dem Ansatz der Open Education Ressources (OER) weiter vorangetrieben und Materialien so breit zugänglich gemacht werden.

Konstantin Notz und Malte Spitz

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