Im Dezember diesen Jahres findet die Weltkonferenz für Internationale Kommunikation (WCIT) der Internationalen Fernmeldeunion (ITU) statt. Die Internationale Fernmeldeunion ist eine zwischenstaatliche Sonderorganisation der Vereinten Nationen. Auf der Weltkonferenz für Internationale Kommunikation wird die seit 1988 gültige International Telecommunication Regulations (ITRs) überarbeitet, mit der zentrale Richtlinien für Infrastrukturen des Netzes festlegt werden können. Wenn auch bisher wenig beachtet, können auf dieser Konferenz wichtige Entscheidungen über die infrastrukturelle Freiheit des Internets getroffen werden. Im Vorfeld der Vorbereitungen der Konferenz mehren sich besorgte Stimmen, dass durch die Überarbeitung der „International Telecommunications Regulations“ Einschränkungen der Internet-Infrastrukturen an ICANN, IANA, W3C und anderen internationalen Organisationen vorbei durchgesetzt werden könnten.
Ich habe die Bundesregierung in einer schriftlichen Frage nach ihrer Position „bei der Verhandlung der International Telecommunication Regulation auf der intergouvernmentalen Konferenz World Conference on International Telecommunication (WCIT 12) der International Telecommunication Union (ITU) und den in im Vorfeld geführten Verhandlungen“ befragt.
Die Antwort des Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie vom 7. Mai 2012 lautet:
„In der Diskussion hat die Bundesregierung bisher darauf hingewirkt, dass die Überarbeitung der International Telecommunication Regulations als zwischenstaatliches Übereinkommen keine betrieblichen Regelungen umfassen sollte. Diese fallen in einem liberalisierten Marktumfeld – wie in Deutschland – in den Verantwortungsbereich der Unternehmen. Darüber hinaus sollten die Regeln der ITR allenfalls allgemeine Grundsätze auf hohem Abstraktionsniveau enthalten. Für konkrete, verbindliche Regelungen seitens der ITU sieht die Bundesregierung keinen Bedarf.“
Auf die Frage „welche Ergebnisse […] die Bundesregierung“ erwartet, antwortet das Minsiterium:
„Die Bundesregierung erwartet auf der Basis der bereits 1988 beschlossenen derzeit geltentenden Fassung der ITRs eine aktualisierte, interessengerechtete Überarbeitung, die den veränderten technischen (Entstehung des Internets), wirtschaftlichen und politischen Verhältnissen (Liberalisierung des Telekommunikationsmarktes in vielen Ländern der Welt) Rechnung trägt.“
Bewertung der Antwort der Bundesregierung:
Zunächst ist es zu begrüßen, dass die Bundesregierung der Neuregelungen der „International Telecommunication Regultations“ keine zu große Wirkungskraft zusprechen möchte. Wie dies begründet wird bleibt jedoch offen. Allerdings verwundert die offensichtliche Beschränkung auf den Schutz von Unternehmensinteressen. Die sich mehrenden Bedenken gegenüber dem Versuch, über die Neuregelung der International Telecommunication Regulations restriktive Instrumente in einem internationalen Vertrag fest zu schrieben, scheint die Bundesregierung nicht weiter zu beunruhigen. Auch bleibt offen, wie „politische Verhältnisse“ jenseits der „Liberalisierung des Telekommunikationsmarktes“ verstanden wird und was „interessengerechte Überarbeitung“ tatsächlich bedeuten soll.
Als Grüne werden wir die Konfrerenz, die Neuregelung der International Telecommunication Regulations und die Verhandlungsposition der Bundesregierung auch weiterhin konstruktiv begleiten.
UPDATE:
Der Verein Digitale Gesellschaft e.V. und weitere internationale zivilgesellschaftliche Organisationen haben sich mit einem offenen Brief an das ITU-Generalsekretariat gewendet. Die Pressemitteilung findet ihr hier, den offenen Brief hier.
Weitere Informationen und Stimmen:
The U.N. Threat to Internet Freedom – The Wall Street Journal
Kalter Krieg im Cyberspace oder konstruktiver Dialog – Telepolis
Die Zukunft des Internet in den Händen der UNO – futurezone.at
Vinton Cerf: Keep the Internet Open – The New York Times
https://www.nytimes.com/2012/05/25/opinion/keep-the-internet-open.html?_r=2
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