Die Pläne von Bundesfinanzminister Schäuble, den Bargeldverkehr oberhalb einer bestimmten Grenze von 5000 Euro abzuschaffen, überzeugen nicht. Sie sind nicht geeignet, einen wesentlichen Beitrag gegen Korruption, Steuerbetrug und Geldwäsche zu erzielen, noch weniger gegen Terrorismus. Vielmehr steht der Verdacht im Raum, dass hier eine verdeckte Wirtschaftspolitik zugunsten der Banken und Anbieter digitaler Dienstleistungen und des bargeldlosen Verkehrs gemacht wird.

Auf EU-Ebene hat man in der Diskussion um die Konsequenzen aus den Anschlägen von Paris die Festsetzung von Obergrenzen erst kürzlich ausdrücklich abgelehnt. So steht der Verdacht im Raum, dass der Bundesfinanzminister nun über den Bundestag versucht durchzusetzen, was auf anderen Wegen (diesmal) nicht mehrheitsfähig und damit nicht möglich war.

Für die Finanzierung von Terroranschlägen wie denen in Paris sind weitaus kleinere Beträge ausreichend, davon gehen Kriminalisten aus. Zudem sind nachweislich Finanzierungskonzepte des Terrors bekannt, die schon heute völlig ohne Bargeldtransaktionen auskommen. Es ist daher völlig absehbar, dass Ausweichmöglichkeiten genutzt werden. Wie auch die Abschaffung des 500 Euro- Scheins sind somit auch die jetzigen Überlegungen, eine Obergrenze für Bargeldzahlungen einzuführen, nichts anderes als Symbolpolitik ohne Wirkung.

Lässt man sich also auf diese Debatte ein, wird sie kein Ende bei 5000 Euro finden, es liefe auf eine Abschaffung des Bargeldverkehrs insgesamt hinaus. Gleiches gilt für die Bekämpfung der organisierten Kriminalität oder der Geldwäsche. Beide Bereiche der Polizeiarbeit werden nahezu jährlich mit neuen Aufgaben und Befugnissen ausgestattet. Bereits heute zählt etwa die Geldwäschebekämpfung zu einem der am weitesten in die Grundrechte der Bürgerinnen und Bürger eingreifenden hoheitlichen Tätigkeitsgebiet. Gleiches gilt für die zollpolizeilichen Aufgaben und Befugnisse.

Der nun beginnende Versuch, Geldgeschäfte komplett bargeldlos zu gestalten, läuft auf eine weitere anlasslose Vorratsdatenspeicherung hinaus. Über diese Geschäfte sollen Daten angehäuft werden, die entweder durchrastert oder bei Bedarf retrograt durchforstet werden können. Das verstößt gegen den Grundsatz der Datensparsamkeit und bürdet unbescholtenen Bürgerinnen und Bürgern eine weitere staatliche Durchleuchtung auf, die insgesamt grundrechtlich hochproblematisch ist.

So werden immer neue, noch größere Datenberge angehäuft – und offensichtlich dabei vergessen, dass es in den letzten Jahren und Monaten immer und immer wieder zu schwerwiegenden Hacks von Kreditkartendaten gekommen ist. So lange unsere IT-Infrastrukturen derart weitgehend kompromittiert sind, wäre es zunächst dringend angeraten, diesen Zustand zu beheben, statt neue Risiken zu schaffen.

Der Bargeldverkehr trägt in wesentlichen Teilen die von den allermeisten Bürgerinnen und Bürgern geschätzten Vorzüge der Anonymität des Alltages. Die Möglichkeit, auch ohne Hinzuziehung eines (im Übrigen stets mitverdienenden) Dritten Geschäfte abwickeln zu können ist für uns so selbstverständlich, weil sie zur Offenheit und Freiheit von lebendigen Zivilgesellschaften stets dazugehört.

Rechtlich wäre die Obergrenze auch ein schwerer Eingriff in die Anonymität des Bargeldverkehrs, der auch die Handlungsfreiheit aus Artikel 2 Abs. 1 Grundgesetz berührt, nicht nur den Datenschutz und die informationelle Selbstbestimmung. Eine solche Regelung, wenn sie denn käme, müsste den Anforderungen der Verhältnismäßigkeit entsprechen, also nicht nur geeignet und erforderlich für die angestrebten Zwecke sein, sondern eben auch in einem vernünftigen Verhältnis zu dem angestrebten Ziel stehen. Daran habe ich ganz erhebliche Zweifel.

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