Das Handy von Bundeskanzlerin Merkel ist nur ein Symbol für eine völlig aus dem Ruder gelaufende, flächendeckende Spionage durch westliche Geheimdienste. Diese rüttelt an den Grundfesten demokratischer Rechtsstaaten.

Die jetzigen Enthüllungen zeigen nicht nur, wie dreist die Geheimdienste agieren, sie zeigen auch, wie groß die Versäumnisse der Bundesregierung in den Bereichen, Datenschutz, Datensicherheit und Cyberabwehr sind. Die Bedeutung dieser Themen für den Schutz unserer Grundrechte, aber auch den Schutz der Interessen der deutschen Wirtschaft, ist im digitalen Zeitalter zentral, die Bilanz der Regierung Merkel blamabel und verheerend.

Die Verantwortung für das Ausmaß des jetzigen Skandals in den letzten 5 Monaten tragen sowohl der geschäftsführende Kanzleramts- sowie der Innenminister – die Verantwortung trägt aber mindestens genauso die Bundeskanzlerin selbst, die nicht aufgeklärt und abgeholfen, sondern an erster und prominentester Stelle mit beschönigt und vernebelt hat.

Natürlich handelt es sich bei der offenbar seit Jahren andauernden, umfänglichen Bespitzelung der Bundeskanzlerin um einen Skandal erster Güte, der weitreichende Folgen haben wird und haben muss. Einzelnen Medienberichten zufolge könnte auch der amerikanische Präsident seit mehreren Jahren von der Abhörpraxis seiner Geheimdienste in Deutschland gewusst haben. Trifft dies zu, wäre das deutsch-amerikanische Verhältnis noch schwerer belastet als es ohnehin schon ist.

Die jetzige Aufregung der Bundeskanzlerin, von Hans-Peter Friedrich, von Kanzleramtschef Pofalla, von Hans-Peter Uhl und Co. wären glaubwürdiger, hätten die gleichen Protagonisten auch schon vor fünf Monaten die Kernschmelze der Rechtsstaatlichkeit benannt, als durch Edward Snowden offenbar wurde, dass 80 Millionen Bürgerinnen und Bürger vollumfänglich überwacht werden.

Seit langem warnen wir Grünen: Wenn Überwachung alle Kommunikation erfasst, sind nicht nur die Bundeskanzlerin und deutsche Staatsgeheimnisse bedroht. Es geht um Wirtschaftinteressen und Betriebsgeheimnisse und es geht um fundamentale Grundrechte aller Bürgerinnen und Bürger. Letztendlich geht es auch um die alles entscheidende Frage, ob sich unter dem Deckmantel der Terrorabwehr in den Ländern der vormals „freien westlichen Welt“ ein totalitäres Staatsverständnis eingenistet hat.

Dass die Bundeskanzlerin für die Entwicklung dieses Problembewusstseins eine eigene Betroffenheit ihres Handys, ihrer Kommunikation brauchte, ist ein politisches Armutszeugnis. Es ist Nachweis der Unfähigkeit, die grundlegenden Fragen des Grundrechtsschutzes und der Datensicherheit in der digitalisierten Gesellschaft überhaupt zu erkennen, geschweige denn zu gestalten.

Die Bundesregierung hat bis heute nichts getan, die Rolle der eigenen Geheimdienste im internationalen Datentausch-Verband transparent zu machen, geschweige denn zu hinterfragen. Die jetzt bekannt gewordenen Praktiken müssen endlich zu einer grundlegenden Debatte über die Rechte und Pflichten von Geheimdiensten in demokratischen Rechtsstaaten führen.

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