Täglich werden neue Dimensionen der Überwachung durch den US-Geheimdienst NSA bekannt, die Erstellung millionenfacher Profile aus sozialen Netzwerken, bekannt. Heute berichtet u.a. heise über eine einjährige Vorratsdatenspeicherung durch die NSA. Die Schwelle zum autoritären Sicherheitsstaat, der seine Bürger präventiv überwacht und unter Generalverdacht stellt, scheint längst überschritten.
Die Erstellung umfassender Profile zu Sicherheitszwecken verstößt klar gegen die Menschenwürde. Eine solche Praxis wird bei uns durch das Grundgesetz untersagt. Das Bundesverfassungsgericht hat mehrfach darauf hingewiesen, dass die damit verbundenen Wirkungen auf die Öffentlichkeit den freiheitlichen Rechtsstaat massiv bedrohen. Auch vier Monate nach Bekanntwerden der lückenlosen Überwachung weltweiter Internet- und Telekommunikation durch verschiedene westliche Geheimdienste verhindert die Bundesregierung die Aufklärung der im Raum stehenden Vorwürfe. Den Grundrechtsschutz der Bürgerinnen und Bürger setzt sie nicht durch.
Die Glaubwürdigkeit unseres Gemeinwesens hängt von freiheitlicher Kommunikation ab. Privatheit und Datenschutz nur unter NSA-Vorbehalt ruinieren das Verfassungsgefüge, das Vertrauen an die Bindung aller Staatsgewalt an das Recht und den Schutz vor staatlicher Willkür. Es reicht bei Weitem nicht aus, wenn Außenminister Westerwelle einen besseren internationalen Datenschutz vor der Generalsversammlung der UN fordert. Weitere Schritte sind dringend notwendig. Bereits vor vier Monaten haben wir entsprechende Vorschläge zum Schutz vor lückenloser Ausspähung unterbreitet. Die zentralen Vorwürfe – auch gegen bundesdeutsche Dienste – sind bis heute nicht ausgeräumt. Die Antworten der Bundesregierung auf unsere Kleinen Anfragen atmen den Geist des Geheimdienststaates. Niemand kann ernsthaft mehr leugnen, dass auch Grundrechtsträger von entsprechenden Auswertungen betroffen sind.
Im Bundestagswahlkampf hat die Kanzlerin das Thema bewusst unter den Tisch fallen lassen. Wir werden nicht zulassen, dass dieser größte Ausspäh-Skandal im Zuge monatelanger Koalitionsverhandlungen gänzlich von der Bildfläche verschwindet. Eine umfassende Aufklärung und der Schutz vor Ausspähung durch entfesselte Geheimdienste sind weiterhin dringend erforderlich, um einer Erosion unseres Rechtsstaats und der Kernschmelze unserer Bürgerrechte entgegenzutreten. Die diesbezüglichen Beschlüsse der Konferenz der Datenschutzbeauftragten begrüßen wir ausdrücklich.
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