In unregelmäßigen Abständen berichten wir über Initiativen, Veranstaltungen und Debatten aus dem Bereich Innen- und Netzpolitik in den Bundesländern. In den letzten Monaten hat Rasmus Andresen mehrfach an dieser Stelle über Initiativen aus dem Landtag Schleswig-Holstein berichtet, die das Ziel verfolgen, die Gemeinnützigkeit von Freifunk endlich anzuerkennen. Heute berichtet Rasmus über eine aktuelle Initiative der Jamaika-Koalition, die das Land klar in der Debatte um EU-Urheberrechtsreform, Uploadfilter und Leistungsschutzrecht positioniert.

Ich freue mich, dass es gelungen ist, eine gemeinsame Initiative von Grünen, Union und FDP gegen die EU-Urheberrechtsreform und den darin enthaltenen Uploadfiltern vorzulegen. Gerade angesichts der bisherigen Positionierung der Union auf bundes- und europapolitischer Ebene war das keine Selbstverständlichkeit.

Die Kritik an der EU-Urheberrechtsreform hat damit auch den schleswig-holsteinischen Landtag erreicht. Das Ende des Internets, wie wir es kennen, will auch der schleswig-holsteinische Landtag nicht hinnehmen und hat daher heute einen Beschluss gefasst, der sich deutlich gegen den Kompromiss zur EU-Urheberrechtsreform und Artikel 13 positioniert. Hier findet Ihr den Antrag „Upload-Filter sind ein Risiko für die Meinungs- und Informationsfreiheit“ (pdf).

Die im Trilog Mitte Februar erzielte Einigung sieht deutlich mehr Pflichten für Plattformbetreiber vor. Die müssen vor dem Hochladen von Content nun prüfen, ob etwaige Urheberrechtsverletzungen in Frage kommen und alles ihnen mögliche tun, um das zu verhindern. Nahezu satirisch waren diesbezüglich Hinweise europäischer Beamt*innen, dass das nicht zwangsläufig Upload-Filter beinhalten müsse, eine händische Filterung wäre ebenso denkbar.

Wer die Doku „The Cleaners“ gesehen hat, kann sich vorstellen, wie groß der Aufwand wäre und unter welchen Arbeitsbedingungen eine solche händische Arbeit ausgeübt werden würde. Eine solche VORAB-Kontrolle würde nicht nur eine Abkehr vom bisherigen „notice and takedown“-Verfahren und der „Providerpriviliegierung“ bedeuten,  sie würde absehbar auch dazu führen, dass eine ohnehin bestehende Marktmachtkonzentration auf digitalen Märkten weiter zunimmt und vor allem kleinere und mittlere Anbieter, die sich eine solche Mitarbeiterschar oder technische Infrastruktur nicht leisten können, das Nachsehen haben, für die Innovationsfähigkeit des Internets verheerend.

Natürlich werden diese Tätigkeit technische Filter übernehmen, die denknotwendig nicht zwischen Satire, Bildungsinhalten oder wissenschaftlichem Content unterscheiden können und im Zweifel alles über einen Kamm scheren. Eine massive Einschränkung der Informations- und Meinungsfreiheit wäre die Folge. Ich freue mich, dass es gelungen ist, den nun vorgelegten Kompromiss gemeinsam klar abzulehnen, weil er eben zahlreiche negative Folgen mit sich bringen und die Einkommenssituation von Kreativen eben nicht verbessern wird.

Völlig unverständlich ist es vor diesem Hintergrund, wie es zu der deutschen Zustimmung kommen konnte, trotz einer ablehnenden Formulierung im Koalitionsvertrag der GroKo. Katarina Barley, selbst Spitzenkandidatin der SPD zur Europawahl, kommentierte diesen Kotau so lapidar, dass man sich fragen muss, ob sie tatsächlich nicht verstanden hat, worum es geht. Selbst die Übergabe von 5 Millionen Überschriften aus der Zivilgesellschaft gegen die Urheberrechtsreform konnte die SPD nicht vor diesem grandiosen Einknicken bewahren.

Wir freuen uns daher umso mehr, dass wir dem Protest aus der Zivilgesellschaft mit unserem Jamaika-Antrag unterstützen konnten und setzen unsere Hoffnung auf die Entscheidung Ende März im Europaparlament.

Auf den Seiten der grünen Landtagsfraktion könnt Ihr meine Rede im Parlament nachlesen.

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