Gerade wurde der im Zuge der Trilogverhandlungen zur EU-Urheberrechtsrichtlinie verhandelte Kompromiss veröffentlicht. An dieser Stelle bewerte ich als netz- und verbraucheraschutzpolitische Sprecherin der grünen Bundestagsfraktion den Kompromiss, der aus unserer Sicht niemandem hilft.

Ein gutes Ergebnis sieht anders aus. Mit Biegen und Brechen sind die monatelangen, immens umstrittenen Verhandlungen zwar vorerst finalisiert worden – glücklich können die Verhandlerinnen und Verhandler damit aber keine Seite machen. Den einen ist der Text nach etlichen Kompromissen zu stark verwässert, andere sehen weiterhin große Gefahren für die Meinungsfreiheit durch Filtermaßnahmen und das Leistungsschutzrecht für Presseverlage. Eine solch diverse Kritik ist kein gutes Omen für eine Richtlinie, die grundlegende Weichen für die digitale Wirtschaft, den medialen Alltag der Nutzer und den Umgang mit urheberrechtlichen Werken im Digitalen stellen soll.

Die Bundesregierung hat bei den Verhandlungen einmal mehr ein klägliches Bild abgegeben und gleich mehrere Versprechen nicht eingelöst. Stichwort Upload-Filter: Mit Art. 13 werden weiterhin übermäßige Filtermaßnahmen und Overblocking riskiert, denn es ist völlig unklar, wie sich die Anforderung, keine urheberrechtsverletzenden Werke auf ihren Plattformen zuzulassen, in Verbindung mit der Haftung konkret für die Unternehmen auswirken wird.

Auch bei der Ausnahme für kleine und mittlere Unternehmen, eine der Kernforderungen der Bundesregierung, hat sie im Kompromiss mit Frankreich klein beigegeben. Das Leistungsschutzrecht wurde trotz der desaströsen Erfahrungen auf nationaler Ebene durchgedrückt, genauso schwammig formuliert – die Rechtsunsicherheit müssen die Betroffenen vor den Gerichten ausbaden. All dies ist Gift für die in Sonntagsreden von der Bundesregierung immer wieder beschworene Innovationsfähigkeit des Internets.

Die Grundmotivation der Urheberrechtsreform bleibt unterstützenswert: Kreative, Urheberinnen und Urheber müssen an der Wertschöpfung ihrer Werke in der digitalen Welt angemessen beteiligt werden. Gleichzeitig muss das Urheberrecht an neue digitale Realitäten und mediale Gewohnheiten der Menschen angepasst werden. Es sollte gerade keine unnötigen Hürden für Meinungsaustausch und Informationsfluss bauen. Diese scheinbar divergierenden Ziele in Einklang zu bringen, ist zweifellos ein dickes Brett.

Die Bundesregierung hat bis heute keinen tatsächlichen Beitrag geleistet, in diesen für die digitale Gesellschaft und die Kreativen essentiellen Fragen voranzukommen. Sie muss endlich für einen angemessenen Ausgleich stark divergierender Interessen sorgen, den es bis heute nicht gibt.

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