Am morgigen Mittwoch beginnt in Hannover die Frühjahrskonferenz der Innenminister. Seit Monaten erheben Konservative Politiker die Forderung nach einer Ausweitung der Videoüberwachung. Zuletzt hatte Innenminister Friedrich nach den Bombenanschlägen von Boston diese Forderung höchst reflexhaft erhoben. Als Grüne haben wir uns wiederholt gegen eine Ausweitung ausgesprochen und Friedrichs Vorgehen als populistische Symbolpolitik kritisiert.

Im Zuge der Innenministerkonferenz wollen die Ressortchefs nun auch über den Einsatz von Videokameras auf öffentlichen Plätzen diskutieren. Während sich konservative Innenminister gerade noch einmal für den verstärkten Einsatz von Videokameras ausgesprochen und damit Innenminister Friedrich zur Seite gesprungen sind, haben, hat sich die Mehrheit der SPD-Innenminister mehrheitlich dagegen ausgesprochen. In einem aktuellen Beitrag für die Braunschweiger Zeitung habe ich meine Position noch einmal dargelegt. Meinen Beitrag dokumentieren wir auch hier noch einmal. Hier findet Ihr den Originalbeitrag.

Straftaten werden nicht verhindert

Konstantin von Notz, (Grüne), Mitglied des Innenausschusses

Videoüberwachung verfolgt uns heute durch unseren Alltag. Wenn nicht bald etwas geschieht, werden auch wir „britische Verhältnisse“ haben: bis zu 300 mal pro Tag werden britische Bürger in den Innenstädten von Kameras erfasst und gefilmt. Dabei geht es nicht allein um Polizeikameras. Es geht auch um die allgegenwärtige private Videoüberwachung in den Innenstädten, in Läden, auf Bahnsteigen, in Bussen und Bahnen. Die Deutsche Bahn beispielsweise filmt bereits heute alle größeren Bahnhöfe, auch wenn meist nur mit Unterstützung der Bundespolizei aufgezeichnet wird. Bei den nicht erfassten Stationen handelt es sich um Klein- und Kleinstbahnhöfe, so dass die vom Innenminister angekündigte Ausweitung keinen Sinn macht.

Mit Videoüberwachungen können keine Straftaten verhindert werden. Terroristen ist es mindestens gleichgültig, ob ihr Bild nach vollbrachter Tat um die Welt geht. Und auch Schläger lassen sich durch Kameras nicht abhalten.

Die Videoüberwachungs-Ausbau-Befürworter begnügen sich mittlerweile mit dem Argument, man könne zwar keine Taten verhindern aber doch, wenn einmal etwas passiere, die Täter schneller ermitteln. Das aber ist angesichts der Folgen für Demokratie und Grundrechte kein ausreichendes Argument. Denn Kameras machen uns alle zu Tatverdächtigen. Öffentliche Räume, in denen auch demonstriert, kommuniziert, geküsst und gelebt wird, geraten unter staatliche Dauerkontrolle. Statt der Ausweitung brauchen wir Transparenz und teilweise den Rückbau: Es kann nicht sein, dass polizeiliche Videoüberwachungen zu Dauermaßnahmen in den Innenstädten werden, es bedarf seriöser Nachweise anhaltender Gefahrenlagen an Orten. Und auch für Bahnhöfe gilt: der Fußballsamstag allein kann die Dauererfassung nicht rechtfertigen.

Wer Straftaten besser verfolgen möchte, muss für eine gute Ausstattung der Polizei bei Personal und Technik sorgen. Das kostet zwar auch Geld, aber die Überwachungs-Ausbau-Fantasien der Befürworter sind ebenfalls massiv kostenintensiv und fordern zudem einen noch deutlich höheren Preis: Nämlich unsere verfassungsrechtlich geschützten Freiheitsrechte.

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