Digitale Plattformen wie Google, oder Meta dominieren nicht nur die Märkte für Suchmaschinen, soziale Netzwerke und Online-Werbung, sondern haben auch einen massiven Einfluss auf die öffentliche Meinungsbildung und gesellschaftliche Debatten. Längst gehören diese Plattformen zu den größten Unternehmen der Welt, die durch die Verwendung der Daten und Informationen ihrer Nutzerinnen und Nutzer riesige Profite generieren – auch in Deutschland und Europa. In ihrem Koalitionsvertrag haben CDU, CSU und SPD angekündigt, prüfen zu wollen, eine „Abgabe für Online-Plattformen, die Medieninhalte nutzen“ einzuführen. Die Erlöse sollen „dem Medienstandort zugutekommen“. Der Beauftragte der Bundesregierung für Kultur und Medien, Staatsminister Wolfram Weimer, tingelt mit der Idee durch zahlreiche Talkshows, gleichzeitig gibt es prominenten Widerstand aus den eigenen Reihen. Gemeinsam mit einigen Fachabgeordneten haben die drei Vizes der grünen Bundestagsfraktion, Misbah Khan, Andreas Audretsch und Konstantin eine Kleine Anfrage auf den Weg gebracht, um in Erfahrung zu bringen, wie weit die Pläne der Bundesregierun gediehen sind. Die Antworten sind: ernüchternd.

Monopolartige Stellung und die Auswirkungen auf Demokratie und Medien

Mit der monopolartigen Stellung der Plattformbetreiber geht eine große gesellschaftlichen Verpflichtung als Gatekeeper in der digitalen Welt einher, der sie bis heute nicht oder nur unzureichend gerecht werden. Dieser Umstand birgt Gefahren für die Demokratie und eine freie Medienlandschaft – und steht im Widerspruch zu den Grundsätzen einer fairen sozialen Marktwirtschaft. Durch intransparente Algorithmen werden Inhalte priorisiert oder diskriminiert, wodurch die Plattformen immer wieder in öffentliche Diskurse eingreifen. Besonders besorgniserregend ist, dass Plattformen unter politischen Druck, etwa aus autoritären Regimen, Inhalte zensieren oder in ihrer Reichweite einschränken.

Die großen Tech-Konzerne dominieren somit häufig nicht nur ihre jeweiligen Märkte, sondern dehnen ihren Einfluss weit über die ökonomische Sphäre hinaus aus – hinein in Politik, Medien und gesellschaftliche Debatten. Dabei kommt es zunehmend auch zu gefährlichen Wechselwirkungen mit Akteurinnen und Akteuren, die das demokratische System und die freie Meinungsbildung bewusst zu zersetzen versuchen. Diese Dynamik ist zu einer echten Gefahr für die Vielfalt und Qualität öffentlicher Debatten geworden.

Ein weiterer Aspekt, der die digitale Marktmacht der Plattformen problematisch macht, ist der Umstand, dass vielfach auf Inhalte Dritter zurückgegriffen wird, insbesondere auch auf journalistisch Inhalte, was die Refinanzierung unabhängiger Medien erschwert. Gleichzeitig bleiben zentrale Teile der Wertschöpfung der Plattformbetreiber bislang von einer fairen Besteuerung unberührt, was zu einer verzerrten Marktstruktur führt.

Kommt jetzt die Digitalabgabe? Wir haben die Bundesregierung gefragt

Um dieser Herausforderung zu begegnen, hat die Bundesregierung in ihrem Koalitionsvertrag eine Prüfung zur Einführung einer „Abgabe für Online-Plattformen, die Medieninhalte nutzen“ (KoaV, Zeile 3913) angekündigt. Die Erlöse sollen demnach „dem Medienstandort zugutekommen“ (KoaV, Zeile 3914).

Der Beauftragte der Bundesregierung für Kultur und Medien, Staatsminister Wolfram Weimer, hat dieses Ziel zuletzt mehrfach öffentlich bekräftigt. Doch statt klare und fundierte Lösungen zu präsentieren, um die enorme Marktmacht von Plattformen wie Google und Meta endlich in den Griff zu bekommen, glänzt der Kulturminister bis dato hauptsächlich durch öffentlichkeitswirksames Getöse. In Interviews und Talkshows deutete er wiederholt an, dass er sich am österreichischen Modell einer Digitalsteuer auf Onlinewerbeleistungen orientieren wolle. Gleichzeitig gibt es etwa durch den CDU-Fraktionsvorsitzenden Jens Spahn oder Bundeswirtschaftsministerin Katherina Reiche prominenten Widerstand aus den eigenen Reihen gegen das Vorhaben.

Grüne Bundestagsfraktion stellt Kleine Anfrage

Angesichts der großen medien-, digital- und finanzpolitischen Bedeutung des Vorhabens, seiner Komplexität hinsichtlich der steuer- und europarechtlichen Implikationen sowie der bisherigen Unschärfe in den öffentlichen Äußerungen der Bundesregierung, sind zahlreiche Fragen bislang ungeklärt.

Das haben wir zum Anlass genommen und die Bundesregierung im Rahmen einer Kleinen Anfrage dazu aufgefordert, zum aktuellen Stand und zur möglichen Ausgestaltung des Vorhabens Stellung zu beziehen.

Inhaltsleere Antwort der Bundesregierung

Doch statt greifbare Antworten zu liefern, bleibt es bei vagen Ankündigungen und unverbindlichen Prüfaufträgen. Es ist geradezu bemerkenswert, wie ein politisches Projekt, das bisher wohl nicht über eine bloße Idee hinausgekommen ist, von Kulturstaatsminister Weimer in zahlreichen Interviews und Talkshows so breitgetreten wird. Hinzu kommt, dass Weimers bisher getätigten Aussagen zur Höhe der geplanten Abgabe, zu den betroffenen Plattformen und der Verwendung der Mittel offenbar jegliche Substanz fehlt.

Wir sind der Auffassung: Regierungshandeln muss mehr bieten als medienwirksame Schlagzeilen, es bedarf konkreter, wirksamer und umsetzbarer Maßnahmen. Die Kultur- und Medienlandschaft hat Anspruch auf Antworten und eine ernsthafte Auseinandersetzung mit der wachsenden Macht digitaler Plattformen. Eine solche erkennen wir auf Seiten der Verantwortlichen in der Bundesregierung bisher nicht. Wenn Kulturstaatsminister Weimer dieses Vorhaben nicht schnell und substantiell voranbringt, dann ist es auch in der Verantwortung der SPD und insbesondere von SPD-Chef und Finanzminister Klingbeil, für eine wirksame Umsetzung zu sorgen, bevor die große Chance, die Medienlandschaft fairer zu gestalten, erneut verspielt wird.

Hier findet Ihr unsere Kleine Anfrage „Pläne der Bundesregierung zur Einführung eines sogenannten Plattform-Soli vor dem Hintergrund der Marktmacht digitaler Plattformen“ (pdf). Hier findet Ihr die Antworten der Bundesregierung (pdf).

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